Traunstein – Das heimische Handwerk stemmt sich mit aller Kraft gegen die wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Das wurde im Rahmen der Jahreshauptversammlung der Kreishandwerkerschaft Traunstein-Berchtesgadener Land deutlich, die am Dienstagabend im Bildungszentrum der Handwerkskammer in Traunstein stattfand. Dabei wurde auch wieder eindrucksvoll deutlich, welche wirtschaftliche Macht und welche Bedeutung das Handwerk für die Region hat. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts vertritt in den 13 angeschlossenen Innungen die Interessen von 875 Betrieben (Vorjahr: 900). Auch die Zahl der Ausbildungsverträge kann sich sehen lassen: Zum Stichtag 31. Dezember vergangenen Jahres lernten 1553 (Vorjahr 1649) überwiegend junge Menschen einen Handwerksberuf – darunter auch eine Reihe von anerkannten Asylbewerbern.
Nachfolge
ein Problem
Hohe Mitgliederstärken bestehen wie in den Vorjahren unter anderem in den Gewerken Sanitär, Heizung, Klima (199 Betriebe), Elektro (164) und dem Schreinerhandwerk (112). Viele Handwerksbetriebe spüren aber den Lehrlings- und Facharbeitermangel sowie die oft schwierige Suche in der Nachfolgeregelung.
Vor dem Hintergrund der massiven Herausforderungen für die Wirtschaft, aber gerade auch für das Handwerk, blickte Kreishandwerksmeister Gerhard Kotter in seiner Rede nach vorne: „Die Hoffnung der Veränderungen liegt nun in der neu gewählten Regierung!“, wenngleich er bei rückläufiger Arbeitsproduktivität und Kapazitätsauslastung für das laufende Jahr nur ein geringes Wirtschaftswachstum erwarte. Vor dem Hintergrund der massiven Verfehlung des angestrebten Baus von prognostizierten 400000 neuen Wohnungen (geschätzt wurden 295000 Wohnungen gebaut) sehe er „besorgniserregende soziale und gesamtwirtschaftliche Auswirkungen“.
Der Bäckermeister forderte eine umfassende Modernisierung der Infrastruktur, eine stärkere Förderung und gezielte Umsetzung der künstlichen Intelligenz und Digitalisierung. Wie schon in den vergangenen Jahren mahnte er einen deutlichen Bürokratieabbau an: „Der immense Verwaltungsaufwand und die zahlreichen Neuregelungen stellen eine erhebliche Hürde für die dringende Transformation dar.“ Er würdigte das Engagement des scheidenden Landrats Siegfried Walch, der für die Region und das Handwerk viel bewirkt habe. Er freue sich, dass Walch nun die Handwerksinteressen mit Engagement und Weitblick auch in Berlin vertrete, wenngleich er ihn als Landrat künftig vor Ort vermissen werde. „Ein gutes und konstruktives Miteinander ist essenziell, und wir hoffen, dass die neu gewählten Landräte die Anliegen des Handwerks genauso zuverlässig und engagiert unterstützen, wie wir es bisher gewohnt waren.“
Kotter blickte nochmals auf die Bauern- und Handwerkerkundgebungen Anfang vergangenen Jahres zurück. „Die Solidarität untereinander war überwältigend und hat die verschiedenen Branchen enger zusammengeführt.“ Beim Regionaltag in Traunstein wie auch bei der Berufsinformationsmesse (BIM) habe sich das heimische Handwerk erfolgreich präsentiert. Auf diversen Social-Media-Kanälen wolle man das Handwerk weiter präsentieren und verstärkt junge Menschen ansprechen.
Die Zimmerer-Innung Traunstein-Berchtesgadener Land sei hier erfolgreicher Vorreiter. Die Friseur- und Kosmetiker-Innung Traunstein-Berchtesgadener Land hat sich nach dem Austritt aus dem Landesinnungsverband erfolgreich behauptet, führte er erfreut aus. Schwarzen Schafen in der Branche hat man den Kampf angesagt: So will man Barbershops und Friseurläden, die nicht ordnungsgemäß angemeldet sind, in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer und dem Landratsamt kontrollieren und für Transparenz und Ordnung sorgen.
Dass die Innungen eine gewerkübergreifende Gemeinschaft sind, wurde auch bei der Totenehrung deutlich. So gedachte man gemeinsam den im Berichtsjahr verstorbenen Meisterkollegen Herbert Bachmaier (Maler-Innung Traunstein), Adalbert Haitzer (Schreiner-Innung Traunstein), Karl Josef Heinemann und Klaus Reisinger (beide Sanitär-, Heizung-,Klima-Innung), Eugen Walch (Elektro-Innung Traunstein), Lorenz Willberger (Metall-Innung Traunstein-Berchtesgadener Land).
Bundestagsabgeordneter Siegfried Walch (CSU) forderte in seiner gewohnt couragiert und inhaltsstark vorgetragenen Rede mehr Geltung für das Handwerk in der Gesellschaft. Beim jährlichen Regionaltag wollte man zeigen, welche Wertschöpfung es in Landwirtschaft, Handwerk und auch in der Gastronomie in der Region gäbe. Man habe Ausschreibungen im Landratsamt Traunstein so verändert, dass Vergaben weitestgehend an Betriebe in der Region vergeben werden könnten. Er wünsche sich, dass der Zusammenhalt auch über Gewerke und verschiedene Wirtschaftsbereiche hinaus auch zwischen Handel, Handwerk und Industrie wachse. Dagmar Sinzinger trug die Zahlen der Jahresrechnung 2024 vor, die geordnete finanzielle Verhältnisse der Handwerkervereinigung aufzeigen. Dem positiven Votum der beiden Rechnungsprüfer Hermann Stadler und Franz Pfeffer folgte die einstimmige Entlastung von Geschäftsführung und Vorstand. Auch der Haushaltsplan 2025 fand mehrheitlich Zustimmung der stimmberechtigten Mitglieder. Die beiden Rechnungsprüfer wurden für ein weiteres Jahr wieder im Ehrenamt bestätigt.
Werkstattbesuche
wieder geplant
Geschäftsstellenleiterin Manuela Deneri ging im Nachgang noch auf die diesjährige BIM ein, die vom 30. September bis 2. Oktober stattfindet. In jedem Fall hat man sich wieder die Schirmherrschaft des jetzigen Bundestagsabgeordneten Walch gesichert (Kreishandwerksmeister Kotter: „Sein Einsatz und seine Verbundenheit haben diese Rolle zu etwas ganz Besonderem gemacht.“). Walch sicherte trotz seines „sehr schnell gefüllten Berliner-Kalenders“ auch im elften Jahr in Folge seine Bereitschaft und Beteiligung zu. Nach dem außergewöhnlichen Erfolg im vergangenen Jahr mit rund 1300 Beteiligten wolle man mit dem nun bewährten Konzept (unter anderem dem Besuch der Werkstätten) weiter machen und um beruflichen Nachwuchs werben.