Neubeuern – Kaffeeplantagen, Kunststoffverpackungen, Papierfilter – klingt erst mal nicht sehr nachhaltig. Daher erscheint es auch nicht erstaunlich, dass es zunächst nicht viele Bewerbungen für den Posten der Nachhaltigkeits-Chefin bei Melitta gab. „Genau genommen wollte das 2014 gar keiner machen“, sagt Katharina Roehrig beim Wirtschaftsforum im Internatsgymnasium auf Schloss Neubeuern.
Eingefahrene alte
Muster überwinden
Elf Jahre später ist sie nicht nur „immer noch da“, sondern hat sich als zunächst einzige Frau unter rund 20 Männern in der Geschäftsführung durchgesetzt. „Mein Chef würde mich wahrscheinlich als Schmerz im Nacken bezeichnen“, meint Roehrig scherzhaft. Auch die Worte „nervtötend“ und „anstrengend“ fallen als Eigenschaften bei ihrem Vortrag auf der Neubeuerer Bühne vor circa 150 Gästen.
Doch das scheint wohl notwendig zu sein, um in einem traditionellen Familienunternehmen etwas zu bewegen. Denn der angesprochene Chef ist Jero Bentz, Urenkel der Gründerin Melitta Bentz, die im Jahr 1908 das Patent für den ersten Kaffeefilter anmeldete.
Was damals mit einem gelöcherten Löschblatt und einer alten Konservendose begann, ist heute ein westfälischer Konzern mit 6500 Mitarbeitern und 2,1 Milliarden Umsatz im Jahr.
In der vierten Generation waren die alten Muster dementsprechend eingefahren, als Roehrig zu dem Unternehmen stieß. „Einige dachten wohl, sie könnten meine teilweisen unangenehmen Themen aussitzen und dann bin ich wieder weg“, sagt die Nachhaltigkeits-Chefin. Doch nach und nach drang sie auch zu den alteingesessenen Kollegen vor.
Ein Durchbruch: „Das Kunststoffprojekt in Indien zusammen mit dem Friedensnobelpreisträger Professor Muhammad Yunus“, berichtet Katharina Roehrig. In der südindischen Stadt Bangalore werden Plastikabfälle, die vor Ort gesammelt werden, neu aufbereitet und für die Produktion bei Melitta verwendet.
Nachhaltigkeit auf
Dauer unverzichtbar
Das ist zwar erst mal teurer, aber laut Roehrig auf lange Sicht unvermeidbar. „Wenn wir etwas tun, kostet es uns ein paar Prozent mehr. Wenn wir nichts tun, kostet uns das irgendwann 99,9 Prozent unseres Umsatzes. Dann wird es uns nicht mehr geben“, ist sie überzeugt.
Sich dabei als einzige Frau in der Chefetage durchzusetzen, erfordere dabei immer wieder Kraft, wie sie in Neubeuern berichtete. Doch auch hier schaffte Roehrig selbst einen Anreiz zum Umdenken. „Mittlerweile sind fünf Frauen in der Geschäftsführung bei Melitta. „Dieser Prozess hat sich enorm auf die Zusammenarbeit auf allen Ebenen ausgewirkt“, erzählt sie.
Dass ihr Prozess in der Firma irgendwann abgeschlossen ist, glaubt die Managerin nicht. „Der Platz auf den Kaffeeplantagen ist begrenzt, das Papier für die Filter auch und bei allem, was wir tun, müssen wir dabei wirtschaftlich rentabel bleiben“, zählt Katharina Roehrig die Herausforderungen der Zukunft auf.
Für sie steht daher fest: „Es gibt immer noch viel zu tun.“