Prien/München – Auf der „transport logistic in München, Internationale Fachmesse für Logistik, Mobilität, IT und Supply Chain Management“ diskutierte kürzlich eine Expertenrunde aus Wirtschaft und Bahnbranche vor rund 200 teilnehmenden Zuhörern, Entscheidungsträgern und Fachexperten aus der Logistik- und Transportbranche über fehlende Parkplätze auf der Schiene für den Schienengüterverkehr.
Das Fazit: Ohne mehr Abstell- und Dispositionsgleise kann die Verlagerung von Güterverkehren auf die Schiene nicht gelingen. Gastgeber des Fachforums waren der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Die Güterbahnen (NEE), das Logistik-Kompetenz-Zentrum (LKZ) Prien sowie die Initiative „Jeder Meter zählt – Bündnis Gütergleise“.
Deutschland benötigt eine leistungsfähige, logistische Schieneninfrastruktur zur Verlagerung von mehr Güterverkehren von der Straße auf die Schiene. Doch genau hier droht ein Engpass: Der Investitionsbedarf im Schienengüterverkehr ist gewaltig.
In den vergangenen 25 Jahren wurden zahlreiche Abstell- und Dispositionsgleise, Zugbildungsanlagen sowie Werkstätten für den Schienengüterverkehr drastisch rückgebaut und teils stillgelegt. Die fehlenden Park- und Nebenstrecken haben zur Folge, dass Engpässe im Betriebsablauf entstehen, die Lieferflexibilität und Termintreue gefährdet ist und der „Modal Shift“ von der Straße auf die Schiene auf der Kippe steht.
Georg Lennarz, Fachbereichsleiter Marktfragen Güterverkehr beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), schilderte in seinem Impulsvortrag, dass bei mehr als 300 Bahnhöfen ein Maßnahmenbedarf in die Schieneninfrastruktur in Deutschland bestehe. „Können Sie sich einen größeren, modernen Flughafen vorstellen, der nur eine Start- und Landebahn hat und sonst keine Infrastruktur? Nein. Und genauso ist es auch beim Schienengüterverkehr: Wir brauchen nicht nur Gleise, sondern auch Platz zum Parken, also Abstellmöglichkeiten für die Güterzüge“, brachte es Lennarz auf den Punkt. Der Bund sei gefordert, nicht nur in Strecken, sondern auch in Gütergleise in Bahnhöfen, sogenannte Serviceeinrichtungen, zu investieren und rasch die Finanzierung für Neu- und Ausbau sicherzustellen.
Die Experten der anschließenden Diskussionsrunde mit Yvonne Bounin (Leiterin Vertrieb und Kommunikation, DB InfraGO AG), Dr. Martin Neese (Chief Commercial Officer, VTG Gruppe), Matthias Prochazka (Leiter Schienenverkehre, ARS Altmann AG) und Peter Westenberger (Geschäftsführer, Die Güterbahnen) sprachen mit Moderatorin Dr. Petra Seebauer (Geschäftsführerin, LKZ Prien GmbH) darüber, warum der Schienengüterverkehr dringend mehr infrastrukturelle Kapazitäten benötige und welche Lösungen notwendig seien, um die angespannte Lage insbesondere im Bereich Abstell- und Dispositionsgleise kurzfristig zu entschärfen.
Die Gruppe war sich einig, dass der „Modal Shift“ hin zu mehr Eisenbahn-Güterverkehr nur mit Hilfe einer stärkeren öffentlichen Sensibilisierung gelingen kann. Denn mehr Verkehr auf der Schiene (statt auf der Straße) kommt letztlich auch dem Klimaschutz zugute.
„Es geht darum, wachzurütteln und aufmerksam zu machen. Auf ein Thema, das unserer Unternehmensgruppe am Herzen liegt und in der Initiative ‚Jeder Meter zählt – Bündnis Gütergleise‘ reflektiert wird: Der Investitionsbedarf im Schienengüterverkehr ist gewaltig“, erklärt Matthias Prochazka. „Es ist wichtig, alle beteiligten Marktteilnehmer und Gruppen miteinzubinden, natürlich auch die DB InfraGO.“
Prochazka berichtete, dass in den Arbeitsgruppen des Bündnisses „Jeder Meter zählt“ bereits konkret Handlungsfelder betrachtet worden seien. Hinzu kamen nach seinen Worten erste Termine vor Ort unter anderem an den Rangierbahnhöfen München-Nord sowie Berlin-Nordost.
„Mitarbeiter von DB InfraGO arbeiten sehr gut mit, die Informationen sind transparent und die Diskussionen über Verbesserungen zielführend. Einzelne Vorschläge für die Umsetzung „kleinerer Maßnahmen“ in Bahnhöfen wurden hier bereits aufgegriffen und befinden sich in der Umsetzung“, führt Matthias Prochazka weiter aus. Insgesamt sei der Bedarf enorm, angefangen von fehlenden Schienenkilometern für den Güterverkehr, über defekte Weichen bis hin zu Sanierungsarbeiten, die keinen Aufschub erlauben.
Das von der Industrie initiierte Bündnis „Jeder Meter zählt“ fordert ein Umdenken in der Infrastrukturpolitik. Die anwesenden Diskutanten appellierten an den Bund, der sich in den vergangenen Jahren eher auf den Bau prestigeträchtiger Großobjekte konzentrierte, nun rasch und massiv in die „Parkplätze auf der Schiene“ zu investieren und notwendige Mittel freizugeben, damit die Arbeiten starten können.
Eine deutliche Botschaft somit auch in Richtung Infraplan, den das Bundesministerium für Verkehr derzeit vorbereitet, diese verhältnismäßig kleinen, aber umso wichtigeren Stellschreiben zu platzieren und zu priorisieren.
Dr. Petra Seebauer vom Logistik-Kompetenz-Zentrum Prien betonte: „Nur wenn wir gemeinsam handeln, können wir die aktuellen Herausforderungen meistern. Es geht um nicht weniger als die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft des Schienengüterverkehrs in Deutschland und damit unserer Versorgung. Grundlage dafür ist ein verlässliches Netz, das Menschen wie Güter sicher und effizient ans Ziel bringt – die Finanzierung dafür muss nun mit Priorität sichergestellt werden.“