Rohrdorf – Eine neue Versuchsanlage für getemperte Tone im Zementwerk Rohrdorf ist Anfang Juli erfolgreich in Betrieb gegangen. Das teilte das Unternehmen kürzlich mit.
In der Anlage wird Rohton durch thermische Behandlung aktiviert („getempert“). Ziel der Anlage ist die Erforschung von getemperten Tonen, da diese als CO2-ärmere Alternative zu Klinker, dem Hauptbestandteil von Zement, genutzt werden können. Damit sind sie ein zentraler Baustein im Rohrdorfer Dekarbonisierungsfahrplan.
Die Versuchsanlage entstand im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und der Europäischen Union geförderten Pilotprojekts und erhält nach Angaben des Unternehmens wegen seines Innovationspotenzials eine Förderung von bis zu 8,65 Millionen Euro. Projektstart war im Oktober 2023. Die Laufzeit endet im Dezember 2026.
Die Versuchsanlage nutzt die vorhandene Abwärme aus der Klinker-Produktionslinie und wurde daher direkt neben dem Drehrohrofen errichtet. Durch die Ofenabwärmenutzung und den Einsatz des eigens konstruierten „Flash-Kalzinators“ ist es möglich, die Tone mit sehr wenig Primärenergie zu aktivieren.
Die beim Betrieb entstehenden Abgase werden nach Verlassen der Anlage der bestehenden Abgasreinigung der Klinker-Produktionslinie zugeführt. Es entstehen damit keine zusätzlichen Emissionen.
Geplant und gebaut wurde die Anlage vom französischen Anlagenbauer Fives FCB in Zusammenarbeit mit dem Rohrdorfer Net-Zero- Emission-Team. Die Bauphase dauerte rund sechs Monate. Das maximale Produktionsvolumen sind 50 Tonnen getemperter Ton pro Tag.
Bis Ende 2026 untersucht das Net-Zero-Emission-Team die ideale Zusammensetzung der Rohtone und optimiert die Prozesse für die thermische Behandlung. Außerdem werden verschiedene Mahlfeinheiten und der Einsatz unterschiedlicher Zuschlagstoffe getestet.
Im Ergebnis soll der getemperte Ton als CO2-sparender Ersatz für Klinker dienen und dabei alle Normen für die Zementproduktion erfüllen. „Mit der systematischen Erforschung der Technologie der getemperten Tone im Produktionsprozess des Rohrdorfer Werks leisten wir Pionierarbeit in der Zementindustrie“, sagt Markus Judendorfer vom Net-Zero-Emission-Team des Rohrdorfer Unternehmens. „Eine besondere Herausforderung ist, das Produkt zu optimieren und zeitgleich die Energieeffizienz der Anlage weiter zu verbessern. Unsere ersten Ergebnisse der Anfangsphase sind sehr zufriedenstellend.“
Derzeit sind Versuche mit verschiedenen Rohtonen und Prozessparametern bis Mitte 2026 geplant. Auf diesen Versuchen aufbauend, soll in Zukunft eine Großanlage errichtet werden, die eine signifikante CO2-Einsparung ermöglicht.
„Das Potenzial zur CO2-Einsparung beläuft sich auf insgesamt 60 Prozent. Davon kann fast die Hälfte dank getemperter Tone vermieden werden. Die neue Versuchsanlage ist deshalb ein wichtiger Schritt auf unserem Weg zur CO2-neutralen Zementproduktion, die wir für 2038 anvisieren“, erklärt Dr. Christopher Ehrenberg, Technischer Leiter der Zementsparte bei Rohrdor- fer.