Raketentraum mit Heimatbasis

von Redaktion

Josef Fleischmann träumte als Kind von Raketen – heute baut er sie. Mit Isar Aerospace greift der 34-Jährige nach den Sternen und will Europas Raumfahrt revolutionieren – unter anderem von Reischach aus.

Reischach/Freising – Die Raumfahrt ist für viele nur ein Traum, aber nicht für den 34-jährigen Josef Fleischmann. Er lebt seinen Traum, baut mit seinem Unternehmen Isar Aerospace seine eigene Rakete und möchte damit den Weltraum erobern – unter anderem von Reischach (Landkreis Altötting) aus, wo die Wurzeln des Erfolges liegen.

Schon als Kind war Fleischmann von der Raumfahrt fasziniert. „Das ist ein sehr, sehr spektakuläres Thema. Das reizt auf jeden Fall“, erzählt er. Und so habe er schon als Bub erste Raketen gebaut. „Ich habe mir sehr viel erarbeitet und gelernt. Und Stück für Stück immer größer gebaut, bis wir jetzt an dem Punkt sind, dass wir für den Bau von Raketen eine ganze Firma haben, die mit mehreren hundert Millionen Euro finanziert ist.“

Später studierte Fleischmann an der Technischen Universität in München, wo er weiter Raketenmotoren und Raketen entwickelte und an dem Hyperloop Studentenwettbewerb von Elon Musk teilnahm. „Wir haben mit unserem Beitrag den Wettbewerb gewonnen. Das war sehr spektakulär“, sagt Fleischmann.

2018 hat er mit Kommilitonen eine eigene Firma gegründet: Isar Aerospace mit Sitz in Ottobrunn. Die hat inzwischen über 400 Mitarbeiter; im Frühjahr gab es heuer den ersten erfolgreichen Raketenstart.

Eine Spur führt dabei auch in den Landkreis Altötting. Hier ist ein Teil seiner Verwandtschaft zu Hause, hier wurde ihm und seinen Mitstreitern beim Start entscheidend geholfen. „Mit Mitte 20 eine Raketenfirma aufzubauen ist eine schwierige Aufgabe, die viel Geld verlangt.“ Geld, das am Anfang so nicht vorhanden war. „Wir haben eine günstige Lösung gebraucht, wo wir testen können.“ Und die fand sich in Reischach. „Da haben wir unsere ersten Schritte gemacht. Hier testen wir bis heute.“

Der Schritt zum eigenen Unternehmen, zur Selbstständigkeit war kein Lebensziel, das habe sich „so ergeben“, erzählt der junge Unternehmer. „Das war die absolut richtige Entscheidung.“ Die Branche wachse enorm und Isar Aerospace wachse seit der Gründung „wesentlich stärker als die gesamte restliche Wirtschaft“. 

Auch, weil sich der Markt gewandelt habe. Früher war er staatlich getrieben und finanziert, früher waren Satelliten „so groß wie ein Bus“, sagt Fleischmann, „heutzutage ist ein Satellit mit der gleichen Leistung vielleicht so groß wie ein Schuhkarton“. Die Folge: Die Trägerraketen, die den Satelliten ins All bringen, können wesentlich kleiner sein, sind wesentlich günstiger. Kostet der Start einer Ariane 6 weit über 100 Millionen Euro; der Transport eines Satelliten bei Isar Aerospace koste nur einen Bruchteil. 

Ein neuer Markt ist geboren. „Heute haben wir dadurch sehr viel mehr Kreativität im Markt, sehr viel mehr Player, mit viel mehr Geschäftsmodellen. Jetzt haben wir einen Boommarkt, in dem wir uns befinden“, analysiert Fleischmann. Ein Markt, in dem es möglich ist, dass Isar Aerospace als Erster in Europa „rein privat finanziert“ mitmischt.

Fleischmann ist bei Isar Aerospace für die gesamte technische Seite verantwortlich: die Entwicklung der Rakete, den Bau und den Aufbau der Firma. „Technisch zeichnet uns aus, dass wir sehr, sehr stark vertikal integriert sind.“ Das heißt, die komplette Fertigung erfolge im Haus: vom Design über die Auslegung und Konstruktion bis hin zum Testen und Starten der Rakete. „Wir bauen die Rakete fast komplett selber. Auf diese Art und Weise können wir die komplette Rakete verstehen, sie immer weiterentwickeln und auch sehr, sehr günstig am Markt anbieten“, sagt Fleischmann. „Wir sind tatsächlich mit der günstigste Wettbewerber, obwohl wir in Deutschland entwickeln und produzieren.“ 

Nach dem ersten erfolgreichen Start am 30. März arbeitet Isar Aerospace an dem zweiten Start. Der soll heuer noch erfolgen. Sobald der erfolgreich ist und die Rakete tatsächlich in den Weltraum fliegt, „ist die Gewinnzone sehr, sehr schnell erreicht“, ist Fleischmann überzeugt. 

Raketenentwicklung, Finanzmittel von über 400 Millionen Euro, über 400 Mitarbeiter – das bedeutet auch Druck. „Man muss immer abliefern, was man versprochen hat“, erzählt Fleischmann. „Mal funktioniert hier was nicht, mal funktioniert da was nicht. Da muss ich immer darauf reagieren. Eine Rakete ist ein super schwieriges Produkt.“

Schlaflose Nächte bereite ihm das nicht, auch nicht vor dem ersten Start. „Ich habe großes Vertrauen in unser Team, dass die alles im Griff haben. Angst ist immer ein schlechter Berater. Respekt ja, aber wir haben eine gute Arbeit abgeliefert.“

Für den 34-Jährigen bedeutet seine Selbstständigkeit vor allem Freiheit: „Ich habe mir selber ausgesucht, dass ich Raketen bauen möchte. Ich suche mir selber aus, wie ich sie bauen möchte, wann ich sie baue, wie sie ausschauen und so weiter.“ Da nimmt er gerne auch die andere Seite auf sich. „Wenn irgendwas schiefgeht, dann muss ich das selber hinbekommen.“

Und da hat er zwei Ziele: den zweiten Start und die Serienproduktion. Je häufiger eine Rakete von Isar Aerospace abheben könne, desto eher sei das Unternehmen in der Gewinnzone, sagt Fleischmann: „Die Nachfrage ist gewaltig. Alle warten nur darauf. Wir sind tatsächlich schon bis 2026 ausgebucht. Jetzt müssen wir nur noch abliefern.“ 

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