Burghausen – Die Wacker Chemie AG hat am vergangenen Donnerstag eine Produktionslinie in Burghausen eröffnet, die neue Maßstäbe setzt. Mit der „Etching Line Next“ hat das Unternehmen seine bislang größte Einzelinvestition des vergangenen Jahrzehnts abgeschlossen: Über 300 Millionen Euro flossen in den Bau einer Hightech-Fertigungslinie, die nichts weniger produziert als die Grundlage für die nächste Generation von Halbleiterchips.
Rund 150 neue
Arbeitsplätze
Rund 150 neue Arbeitsplätze entstehen durch die Erweiterung. Laut CEO Christian Hartel ist die Hightech-Anlage ein Schlüsselprojekt für Wacker, dem einzigen Polysilicium-Produzenten Europas. Man sei nun fit für die nächste und übernächste Generation von Hochleistungschips. Ohne Wacker gäbe es keine Chips, keine KI und auch kein Silicon Valley. Man könnte sagen, das Silicon Valley befindet sich eigentlich hier in Burghausen“, sagte Christian Hartel in seiner Rede zur Eröffnung der Linie. Er hob die hohe technologische Bedeutung von Polysilicium hervor, das bereits seit 70 Jahren am Standort gefertigt wird. Das Material gilt als zentrale Grundlage für die Herstellung von Hochleistungschips, die etwa in Smartphones, Supercomputern oder Systemen für künstliche Intelligenz verbaut werden. Inzwischen wird jeder zweite Computerchip weltweit aus Polysilicium von Wacker hergestellt.
Gerade wenn es um Qualität und Reinheit des Materials geht, ist Wacker internationaler Marktführer. „Unsere Kunden dulden nur noch Verunreinigungen im Parts-per-Trillion-Bereich – das entspricht einem Zuckerwürfel im Walchensee“, erklärte Christian Hartel. Polysilicium sei „der reinste Stoff, den die Menschheit jemals industriell produziert hat“ und nur wenige Firmen weltweit könnten die steigenden Anforderungen der Halbleiterindustrie überhaupt erfüllen.
Die Nachfrage wachse stetig – nicht nur aufgrund der Digitalisierung, sondern auch durch Trends wie autonomes Fahren, Industrie 4.0 sowie den Ausbau von Rechenzentren. Mit der neuen Produktionslinie könne die Kapazität nun um mehr als 50 Prozent erhöht werden.
Die Etching Line Next ist Teil eines groß angelegten Investitionsprogramms, mit dem Wacker seine Stellung im Halbleitermarkt ausbauen will. Ziel sei es, den Umsatz mit Halbleiterkunden bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln. Die neue Anlage ist vollständig automatisiert und arbeitet unter Reinraumbedingungen. Mit Säuren werden Polysilicium-Stücke geätzt und gereinigt, um die hohe Reinheit des Materials sicherzustellen. „Jedes Fremdatom würde die elektrischen Eigenschaften des Chips verändern und ihn unbrauchbar machen“, erklärte Christian Hartel. Durch automatisierte Ätz- und Reinigungsprozesse werde eine gleichbleibend hohe Qualität sichergestellt.
Ministerpräsident Markus Söder sprach bei der Eröffnungsfeier von einem nationalen Ereignis: „Heute ist nicht Berlin, heute ist nicht München die Hauptstadt – heute ist es Burghausen.“ Und: „Das Silicon Valley liegt in Bayern!“ Die Investition sei „ein überragendes Signal für die Zukunft, ein überragendes Signal auch für den Wirtschaftsstandort“. Söder betonte, dass in wirtschaftlich angespannten Zeiten die Entscheidung für eine Investition in dieser Größenordnung nicht selbstverständlich sei und würdigte das Unternehmen für seine Standorttreue. Der Freistaat fördert das Projekt gemeinsam mit dem Bund und der EU mit bis zu 46 Millionen Euro im Rahmen des europäischen IPCEI-Programms für Mikroelektronik.
Trotz der Investition äußerte sich CEO Hartel auch kritisch zu den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland. Insbesondere die hohen Stromkosten seien ein Standortnachteil. „Der Löwenanteil unseres Strombedarfs geht in die Herstellung von Polysilicium“, sagte Hartel – doch in Deutschland liege der Strompreis um den Faktor zwei bis drei höher als in anderen Regionen.
Um die Produktion in Europa halten zu können, brauche es wettbewerbsfähige Energiepreise und eine Reduzierung von Bürokratie.
„Massiver
Standortnachteil“
Söder griff diese Kritik auf und sprach von einem „massiven Standortnachteil“. Er forderte: „Ohne Industriestrompreis werden wir in den energieintensiven Branchen keine dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit mehr erreichen können.“
Die Stromkosten für Unternehmen in Deutschland seien deutlich höher als etwa in Frankreich oder den USA. „Das ist das größte industriepolitische Eigentor, das Deutschland sich leisten kann“, sagte der Ministerpräsident. Er verwies auf bereits vereinbarte Maßnahmen auf Bundesebene: „Wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, es bleibt eine Stromzone. Und wir müssen jetzt liefern.“