Kolbermoor/München – Vom Tannenhof in Bad Feilnbach über die neue Ortsmitte von Ostermünchen bis zum Thermenhotel in Bad Aibling: Die Max von Bredow Baukultur GmbH (MvB) mit Sitz in Kolbermoor ist in zahlreiche große Bauprojekte in der Region involviert. Am 25. September lädt der Bauprojektentwickler, der mit dem Slogan „Besser bauen – besser leben“ wirbt, zum sechsten „Baukulturtag“ nach München. Was den Baukulturtag auszeichnet, wieso er Bürgerentscheide rund um seine Projekte gut findet und was für ihn auf Baustellen völliger „Wahnsinn“ ist, hat Dr. Max von Bredow (46), geschäftsführender Gesellschafter der MvB, im OVB-Interview verraten.
Der „Baukulturtag“, der von Ihrem Unternehmen, der Max von Bredow Baukultur GmbH, ins Leben gerufen worden ist, geht jetzt in die sechste Runde. Das Angebot scheint Anklang zu finden…
Ja, auf jeden Fall. Wir hatten damals in Kooperation mit der Metropolregion München ganz klein angefangen. Im Zuge eines Preises für Baukultur, den wir für ein Projekt in Weyarn erhalten haben, hatten wir zu dieser Veranstaltung mit drei Vorträgen und einer Führung in Weyarn eingeladen. Da waren es vielleicht 60 bis 80 Leute, die gekommen sind. Mittlerweile ist daraus eine ganztägige Veranstaltung mit Messe und fast 400 Teilnehmern geworden.
Was ist denn aus Ihrer Sicht das Besondere am „Baukulturtag“?
Dass es keine reine Architektenveranstaltung ist, sondern bei uns ganz viele Menschen aus den unterschiedlichen Bereichen zusammenkommen: Das geht vom Architekten über den Bürgermeister, Gemeinderäte, Bauamtsleiter, Ingenieure, Grundstückseigentümer und Handwerker bis zu Menschen, die sich einfach fürs Thema Baukultur interessieren und gemeinsam darüber sprechen wollen. Und das ist auch wichtig, damit auch gesellschaftlich und nicht nur fachspezifisch darüber diskutiert wird.
Gibt es noch weitere Alleinstellungsmerkmale?
Ja, eine wichtige Regel des „Baukulturtags“ ist, dass nur umgesetzte Beispiele thematisiert werden. Schließlich wird in der Gesellschaft ständig darüber diskutiert, was man machen müsste. Und dann kommt wieder jemand, der sagt, dass das aber nicht geht. Daher hat das „ja, aber“ und das „geht nicht“ hier keinen Platz. Denn die Beispiele, die hier präsentiert werden, gibt es. Und jeder kann sie nachmachen oder als Inspiration mitnehmen. Das ist mir ganz wichtig. So werden beim „Baukulturtag“ Projekte nicht nur von Architekten vorgestellt, sondern auch von Bürgermeistern, was dann aus einer völlig anderen Sichtweise geschieht. Diese unterschiedlichen Blickwinkel machen den „Baukulturtag“ so wertvoll und lebendig und sorgen dafür, dass für die verschiedenen Positionen ein größeres Verständnis entwickelt wird.
Sie haben gerade Projekte, die von Bürgermeistern vorgestellt werden, angesprochen. Sie sind aktuell mit einigen Projekten am Start, die Sie gemeinsam mit Kommunen in der Region verwirklichen wollen – beispielsweise die Ortsmitte von Ostermünchen oder das neue Quartierszentrum Kolbermoor Nord-Ost Am Alpenblick. Ist das die Zukunft, dass in Partnerschaft mit einer Kommune größere Areale entwickelt werden und nicht mehr so kleinteilig gebaut wird?
Ich glaube, dass es das Kleinteilige weiterhin geben wird und auch braucht, weil es Grundstücke gibt, die einfach so klein sind. Das ist auch wichtig. Zu unserer Spezialität gehören die größeren Entwicklungen, beispielsweise in Stadt- und Dorfzentren. Und da ist für uns besonders wichtig, dass wir die Bürger nicht nur informieren, sondern auch mitnehmen und fragen, was sie sich vor Ort wünschen. Da kommen jedes Mal viele gute Ideen zur Sprache, die dann in die Planungen einfließen. Das ist gerade auch deshalb wichtig, weil viele Menschen mit Wachstum primär negative Aspekte assoziieren. Und Wachstum wird letztlich erst akzeptiert und mitgetragen, wenn es mit Qualität verbunden ist und einen positiven Effekt für die Anwohner hat.
Es gibt aber auch immer wieder den Vorwurf, dass die Bürgerbeteiligung nicht ernst gemeint ist. So beispielsweise in Kolbermoor, wo eine Bürgerinitiative aktuell auf einen Bürgerentscheid hinarbeitet, weil sie die neue Siedlung Am Alpenblick unbedingt verhindern will. Haben Sie dafür Verständnis?
Wir leben in einer Demokratie, in der die Meinungsfreiheit ein extrem hohes Gut ist. Das ist ja nicht in allen Ländern so. Da gehört es auch dazu, dass Menschen eine andere Meinung haben. Und Bürgerbeteiligung heißt ja nicht, dass es nur harmonisch sein muss. Wir gehen da bewusst in die Diskussion. Was wir aber nicht wollen, ist eine anonyme Auseinandersetzung, also dass hintenrum etwas in der Bevölkerung verteilt und verbreitet wird. Das sollte dann schon von Mensch zu Mensch diskutiert werden. Schließlich sind wir alle Menschen – vom Bürgermeister bis zum Anwohner. Und darum geht es ja auch bei der Bürgerbeteiligung: Dass alle, die daran teilnehmen, das positive Interesse verfolgen, das Leben in ihrer Stadt oder Gemeinde zu verbessern.
Dann haben Sie also in Kolbermoor auch keine Angst vor einem Bürgerentscheid?
Nein, denn ein Bürgerentscheid ist ja nichts Negatives. Es gab schon zu mehreren Projekten, die wir realisiert haben, Bürgerentscheide – und die sind für uns immer positiv ausgegangen. Ich finde das auch gut: Jeder, der zur Wahl geht, stimmt einmal ab. Dann steht das Ergebnis fest. Und dann gibt es auch nichts mehr darüber zu diskutieren. Dadurch hat es auch etwas Reinigendes. Es ist doch besser, wenn so etwas einfach mal geklärt wird, als wenn dieses Thema ständig vor sich hin schwelt. Wobei ich natürlich zugeben muss, dass das ganze Thema für mich nicht so emotional anstrengend ist, wie vielleicht für den ein oder anderen Anwohner. Denn ich habe in diesem Diskurs mit unterschiedlichen Meinungen natürlich schon eine gewisse Routine.
Gibt es denn im gesellschaftlichen und politischen Diskurs große Unterschiede zwischen einzelnen Kommunen?
Grundsätzlich ist es positiv, dass es überall Menschen gibt, denen ihr Ort, ihr Dorf am Herzen liegt und die sich dafür engagieren. Wenn man natürlich auf einem Grundstück bauen will, das viele Nachbarn hat, ist es schon alleine quantitativ wahrscheinlicher, dass es dort auch Menschen gibt, die sich gegen ein Projekt stellen. Das sind dann in der Regel auch die, die am meisten in der Öffentlichkeit stehen und daher oftmals auch das Bild, wie ein Projekt wirklich gesehen wird, verzerren. Kolbermoor hat beispielsweise fast 20000 Einwohner – 19999 kommen aber gar nicht zu Wort. Auch daher ist ein Bürgerentscheid wirklich nicht das Schlechteste. Und was ich noch festgestellt habe: Je kleiner die Kommune ist, umso weniger geht es auch um Parteipolitik. Da wird dann einfach hart um die Sache diskutiert und zum Wohl der Gemeinde entschieden. In größeren Kommunen spielt dagegen gleich wieder die Parteipolitik eine große Rolle und so wird ein Projekt gleich Teil eines komplexen politischen Gefüges. Das macht die Arbeit dann doch ein bisschen schwieriger.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen für kommunales Bauen in der Zukunft?
Letztlich braucht man zu Beginn immer drei Parteien, die man unter einen Hut bringen muss: Einen Grundstückseigentümer, der grundsätzlich dazu bereit ist, sein Grundstück herzugeben. Dann die Kommune, die sich vorstellen kann, auf dem Grundstück etwas zu machen, also Baurecht zu schaffen. Und dann braucht es ein Unternehmen, wie beispielsweise uns, das bereit ist, dort das umzusetzen, was sich die Kommune vorstellt. Sind diese drei Faktoren geklärt, dann geht es darum, die Interessen abzugleichen und zu schauen, wie ein Schuh draus werden kann. Anschließend folgt das Bebauungsplanverfahren, zu dem jeder Stellung beziehen kann, und das völlig ergebnisoffen ist. Da gibt es ja derzeit den Vorschlag von Bauministerin Verena Hubertz, den Bebauungsplan wegzulassen und gleich mit dem Bauantrag zu arbeiten. Das könnte schon funktionieren, auch wenn dann die Gefahr natürlich steigt, dass jemand gegen irgendwas klagt, weil er sich benachteiligt fühlt. Wir sind ja ein Land, in dem viel und schnell geklagt wird.
Das klingt jetzt aber danach, als wenn Sie die Regulierung eigentlich als gar nicht so schlecht empfinden…
Es gibt da natürlich schon absurde Auswüchse. In Ostermünchen müssen wir beispielsweise ein Geruchsgutachten erstellen lassen, weil es in der Nähe des geplanten Projekts landwirtschaftliche Betriebe gibt. Als ob das auf dem Land so außergewöhnlich ist.
Da kann man dann teilweise doch nur noch mit dem Kopf schütteln. Und dennoch: Wenn ich die Wahl habe, in einem etwas überregulierten Land zu leben oder in einem Land, in dem praktisch Chaos herrscht und ich mich auf nichts verlassen kann, dann ist für mich die Entscheidung klar. Weil in Deutschland vieles reguliert ist, passiert es dann halt auch nicht, dass Brücken oder Häuser wegen statischer Mängel einstürzen oder Menschen wegen mangelndem Brandschutz in Gebäuden verbrennen. Natürlich wird viel über die Regeln geschimpft – aber viele dieser Regeln sind auch gut und vernünftig.
Zum Schluss noch eine eher persönliche Frage: Wenn Sie jetzt Ihr Traumhaus bauen würden, worauf würden Sie besonders Wert legen?
Ich bin ein großer Anhänger des einfachen Bauens – je weniger Technik, desto besser. Zudem würde ich stark auf natürliches Material setzen. Also auf Holz und Lehm, weil diese Materialien einfach sehr viele positive Eigenschaften haben. Dann würde ich darauf achten, dass ich eine nicht-fossile Heizung habe und darauf, dass das Haus möglichst kreislaufgerecht gebaut ist. Das bedeutet, dass es, wenn es nach 70, 80 Jahren das Ende seines Lebenszyklus erreicht hat, keinen Sondermüll gibt und alles sortiert und recycelt werden kann. Denn die Baubranche verbraucht extrem viel Material und erzeugt unglaublich viel Abfall.
Was auf Baustellen in den Containern drinnen liegt, in die der Müll reinkommt, das ist völliger Wahnsinn!
Nachhaltigkeit wird also in der Zukunft eine entscheidende Rolle im Baugewerbe spielen?
Ja, das ist ja auch eines der Aspekte von Baukultur. Ein Bauprojekt muss ökonomisch, also bezahlbar, sein, ökologisch, mit natürlichen Materialien und einem niedrigen Energieverbrauch, und zudem noch wenig Müll produzieren. Außerdem muss es sozial sein, wobei sozial nicht mit billig verwechselt werden darf. Denn nur weil die Miete günstig ist, heißt das ja nicht, dass es nicht gut gebaut sein kann.
Und gut gebaut wiederum heißt nicht, dass es ein schicker Glaspalast oder eine Sensationsarchitektur ist, sondern dass sich das Gebäude gut in die bestehende Struktur einfügt. Und das Schöne ist, dass sich immer mehr Menschen für diese Themen und die Baukultur interessieren. Immer mehr machen sich Gedanken darüber, wie sie nachhaltig bauen, Abfall vermeiden und nicht-fossil heizen können. Von der Grundtendenz ist das schon sehr positiv.
Interview Mathias Weinzierl