Burghausen – Bei Wacker Chemie in Burghausen sorgt derzeit ein Gerücht unter Beschäftigten für Unruhe: Es wurden Befürchtungen laut, dass mehr als 1000 Mitarbeiter entlassen werden sollen. Das Unternehmen kann die Zahl jedoch nicht bestätigen. Auf Anfrage teilte der Pressesprecher des Standorts mit, dass „Wacker angesichts der weiterhin angespannten Geschäftslage ein umfassendes Projekt gestartet hat, um signifikant und nachhaltig Kosten im Produktionsumfeld und der Verwaltung zu sparen.“ Doch was genau bedeutet das?
Fokus auf „Wachstum,
Cash und Kosten“
Unter dem Namen „PACE“ erarbeitet ein Projektteam aktuell entsprechende Maßnahmen. „Im Fokus des Projekts stehen vor allem fixe Herstellkosten“, so der Pressesprecher. „Hinzu kommen Maßnahmen zur Senkung der Verwaltungskosten.“
Ob es sich dabei um eine Auslagerung von bisher im Unternehmen selbst erbrachten Leistungen an externe Auftragnehmer handelt, die beispielsweise auch im Ausland sitzen könnten, wurde bisher nicht bekannt. „Zur Größenordnung und zur Ausgestaltung der Maßnahmen können wir heute noch keine Aussage treffen“, so der Unternehmenssprecher. Das wird die Analysephase ergeben.“
Zahlen verheißen
nichts Gutes
Hintergrund des Projekts ist die wirtschaftlich schwierige Lage. „Zu einer schwachen Marktnachfrage kommen Veränderungen des Marktumfelds – der Wettbewerbsdruck ist hoch, insbesondere aus China“, so der Unternehmenssprecher. Wacker sei deswegen in den vergangenen Monaten aktiv geworden, um gegenzusteuern. Der Fokus liege dabei ganz klar auf „Wachstum, Cash und Kosten“.
„Es laufen zahlreiche Initiativen“, so der Sprecher. „Um hier noch schneller voranzukommen, hat das Unternehmen Anfang Oktober das Projekt ,PACE‘ gestartet, das die Initiativen aus den Bereichen Cash und Kosten bündelt.“ In Kürze wird Wacker die Zahlen für das dritte Quartal veröffentlichen. Schon im zweiten Quartal war der Umsatz auf rund 1,41 Milliarden Euro gesunken, was einem Rückgang von etwa vier Prozent gegenüber dem Vorjahr entsprach. CEO Christian Hartel sagte, dass die Nachfrage in zahlreichen Anwenderbranchen schwach gewesen sei. Aber auch handelspolitische Unsicherheiten bremsten die Konjunktur. „Bislang zeichnet sich keine Erholung ab. Daher haben wir unseren Ausblick für das Gesamtjahr bereits am 18. Juli angepasst“, so Hartel.
Trotz Einsparungen
Investitionen in Standort
„Wir setzen alle Hebel in Bewegung, um unser Wachstum zu fördern. Dabei geht es unter anderem darum, unsere Vertriebsaktivitäten und Kundeninteraktionen zu intensivieren und Innovationen voranzutreiben“, sagte Hartel weiter. „Wir verbessern unseren Cashflow, indem wir bei Investitionen reduzieren und fokussieren sowie unsere Lagerbestände und unser Forderungsmanagement optimieren. Außerdem nehmen wir verstärkt unsere Kosten in den Fokus. Hier prüfen wir unter anderem unsere Anlagenauslastung und arbeiten an unserer Produktivität.“ Erst Mitte Juli hatte Wacker eine neue Hightech-Produktionslinie für Halbleiter-Polysilicium eröffnet, und damit seine größte Einzelinvestition der vergangenen zehn Jahre abgeschlossen.
Deutliche Kritik an
Standortbedingungen
Über 300 Millionen Euro flossen in die „Etching Line Next“, die rund 150 neue Arbeitsplätze schuf und die Kapazität der Polysiliciumproduktion um mehr als 50 Prozent erhöhte. Ministerpräsident Markus Söder würdigte das Projekt als „überragendes Signal für die Zukunft“ und bezeichnete Burghausen als „Silicon Valley Bayerns“. Das mit 46 Millionen Euro geförderte Vorhaben ist Teil eines EU-Programms zur Stärkung der Mikroelektronik.
Trotz des Erfolgs äußerte Hartel damals deutliche Kritik an den Standortbedingungen in Deutschland. Vor allem die hohen Energiepreise und die ausufernde Bürokratie seien ein ernstes Problem. „Der Löwenanteil unseres Strombedarfs geht in die Herstellung von Polysilicium“, sagte er – und verwies darauf, dass Strom in Deutschland zwei- bis dreimal so teuer sei wie in anderen Regionen.