„Energie ist gleich Wohlstand“

von Redaktion

Der Stadtrat Burghausen hat den Weg für zwei wasserstofffähige Gaskraftwerke geebnet. Die Stadt sieht darin ein zentrales Projekt für Versorgungssicherheit, Industrie und die Stabilität im Chemiedreieck.

Burghausen – Der Burghauser Stadtrat hat vor Kurzem den Bebauungsplan für zwei wasserstofffähige Gaskraftwerke auf den Weg gebracht. Diese sollen die Versorgungssicherheit im Chemiedreieck langfristig stabilisieren und der ansässigen Chemieindustrie eine verlässliche Perspektive geben.

Angesichts steigender Energiebedarfe und anhaltender Unsicherheiten im Netzausbau sieht die Stadt das Projekt als zentral für den Standort, die Wirtschaftskraft und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.

Wasserstoff-Pipeline
bis 2030

Der Blick auf die Energieentwicklung zeigt, dass das bayerische Chemiedreieck in einer kritischen Phase steht. Dr. Bernhard Langhammer von ChemDelta Bavaria, einer Gemeinschaftsinitiative von 18 Unternehmen im Chemiedreieck, zitierte Wacker-CEO Christian Hartel und stellte damit klar: „Energie ist gleich Wohlstand.“

Seine Kurzpräsentation zur „Trans4In-Studie“, in der der Energiebedarf des Chemiedreiecks auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050 untersucht wurde, verdeutlichte, wie stark die Industrie unter Druck steht.

2030 wird die Industrie demnach 4,5 Terawattstunden (TWh) Energie benötigen, im Jahr 2040 bereits 6,8 und 2050 7,8 TWh – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass Wasserstoff und H2-Kraftwerke Strom zuliefern können.

„Es ist illusorisch, diese Energie mit Photovoltaikanlagen oder mit Windkraft herzustellen“, hob Langhammer hervor. Zudem reiche die bestehende Netzinfrastruktur nicht mehr aus.

Sollte die geplante Energiewende-Leitung „ChemDelta“ des Stromnetzbetreibers TenneT aber nicht kommen, dann fehle den Unternehmen jegliche Investitionsgrundlage. „Das heißt, die Firmen werden in Burghausen nicht mehr investieren“, machte Langhammer deutlich.

Bezüglich Wasserstoff will die Bayernets GmbH die Wasserstoffleitung zwischen Haiming und Burgkirchen bis 2030 fertigstellen. „Die technischen Möglichkeiten sind also da“, so Langhammer. „Welchen Preis der Wasserstoff aber haben wird, kann ich nicht sagen.“ Der Wasserstoff, der aktuell durch Elektrolyse gewonnen werde, sei für die chemische Nutzung bestimmt – für die Energieerzeugung aber viel zu teuer. „Im Wasserstoff steckt aber meiner Meinung nach langfristig ein strategischer Vorteil für die Region“, erklärte Langhammer – vor allem wegen des nahen Wasserstoffspeichers der RAG Austria in Oberösterreich.

Noch ist Wasserstoff für
Verbrennung zu wertvoll

Anschließend stellte die RWE ihr Konzept für zwei sogenannte H2-ready-Gaskraftwerke vor, die auf zehn Hektar Fläche nördlich des Güterterminals bei Burghausen entstehen: ein schnelles Peaker-Kraftwerk und ein GuD-Kraftwerk (Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk) für längere Einsatzzeiten. Neben dem Fakt, dass sich der Strombedarf in Burghausen verdoppeln und verdreifachen wird, sollen die Anlagen dazu beitragen, Energieversorgungsengpässe zu überbrücken.

Projektleiter Jens Peter Schmidt erläuterte, dass der Standort wegen seiner Nähe zum geplanten Umspannwerk in Haiming und den Wasserstoffspeichern in Österreich und auch wegen der Synergien mit der ansässigen Industrie von Vorteil sei. Der Projektleiter betonte auch, dass die Anlagen zwar H2-fähig seien, aber: „Wasserstoff ist noch sehr teuer und zum Verbrennen vorerst zu schade.“ Man rechne mit einer schrittweisen Umstellung, wenn mehr Wasserstoff verfügbar sei.

Der aktuelle Zeitplan sieht demnach die Einreichung von Genehmigungsanträgen bis 2027/28, den Baubeginn ab 2032 und eine Inbetriebnahme ab 2034/35 vor. Problematisch sei, so Schmidt, die PFOA-Belastung des Bodenmaterials, die im Landkreis Altötting derzeit viele Bauvorhaben bremst. Jens Peter Schmidt gab an, dass ein Gutachter bereits beauftragt sei, Auswertungen jedoch noch ausstünden. Erst wenn die Ergebnisse vorlägen, könne eine wirtschaftliche Auswertung erfolgen.

Überzeugt von dem zukunftsweisenden Projekt beschloss der Stadtrat mit drei Gegenstimmen der Grünen-Fraktion, dass der baurechtliche Rahmen für das Vorhaben geschaffen werden soll.

Zur Begründung gab die Fraktion an, dass die zu bebauende Fläche nicht als „Vorratsfläche für ein Kraftwerk, das vermutlich erst nach 2035 errichtet wird“, genutzt werden solle. Kritisch sehen die Grünen auch die unklare Verfügbarkeit und die hohen Kosten von Wasserstoff: Der Kraftwerksstandort würde „4,9 TWh H2 pro Jahr“ benötigen, während derzeit weder Angebot noch Preis kalkulierbar seien und H2 zuerst für die stoffliche Nutzung in der Industrie gebraucht werde. Die Fraktion bewertet den Bebauungsplan als „Hemmschuh für das Industriedreieck“, da fossile Technik mit CO2-Ausstoß und großer Flächenbindung den Standort blockiere.

Was sind H2-ready-Gaskraftwerke?

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