Hübsch machen und Vertrauen bilden

von Redaktion

Kluger und Prokutec: Gutes Beispiel einer gelungenen Firmenübergabe

Mühldorf/Raubling – Einer der kritischsten Momente für Familienunternehmen ist die Betriebsübergabe. Deshalb leben Bayerns Unternehmen derzeit in einer besonders schwierigen Phase. Nach Zahlen des Wirtschaftsministeriums stehen zwischen 2017 und 2021 knapp 30000 Unternehmen mit 500000 Mitarbeitern vor der Übergabe.

Auch in Mühldorf gab es in den vergangenen Jahren größere Übergänge. Zuletzt wechselte der Spezialmaschinenbauer Kluger in neue Hände, ein Beispiel dafür, wie ein Unternehmensübergang relativ reibungslos funktionieren kann.

Frühzeitige
Überlegungen

Firmeninhaber Josef Kluger (63) beginnt schon vor fünf oder sechs Jahren mit den Überlegungen. Da es in seiner Familie keinen Nachfolger gibt, sucht er in der Firma. Dort gibt es zwar drei fachlich geeignete Mitarbeiter, die aber scheuen das finanzielle Risiko.

Hilfe durch
externen Berater

Durch Zufall stößt Kluger auf die Mühldorfer Unternehmensberatung Wanner, die sich die Vermittlung bei Firmenübergaben zum Schwerpunkt gemacht hat. Inhaber Reinhold Wanner betont: „Unternehmer sollten sich acht bis zehn Jahre vorher Gedanken machen.“ Das gelte auch bei einer Vererbung, weil in diesem Fall steuerrechtliche Dinge besonders beachtet werden müssten. Ein normaler Verkaufsprozess dauere etwa ein Jahr.

Analyse
des Betriebs

Eine erste Hürde ist die Bestandsaufnahme des Betriebs, die viele Fallstricke birgt. Kluger sagt: „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand meinen Betrieb versteht.“ Er legt alle Zahlen und Verbindungen offen, Stärken und Schwächen der Firma. Dieser Prozess kann auch dazu dienen, dass sich eine Firma in der Vorbereitung eines Übergangs neu ausrichtet. „Man muss dafür sorgen, dass man attraktiv ist“, sagt Kluger. Er spricht von Heiratsvermittlung und einer hübschen Braut. Eine unklare Auftragslage, ein Investitionsstau oder die mangelnde strategische Ausrichtung machen dagegen hässlich und erschweren die Hochzeit.

Ernsthafte
Interessenten

In mehreren Stufen schreibt Wanner den Mühldorfer Betrieb aus. Bis zur Unkenntlichkeit anonymisiert zunächst, ernsthafte Interessenten erhalten dann weitergehende Informationen, bevor am Ende das 60-seitige Dossier samt Verschwiegenheitsklausel an knapp ein Dutzend andere Firmen rausgeht. Einige hatte Wanner gezielt angesprochen. „Vom Gründer bis zum Investor oder Kunden sind Interessenten dabei gewesen“, sagt er.

Die Entscheidung
für den Partner

Für den Unternehmer, das sagt Kluger, ist die Entscheidung für einen neuen Partner der schwierigste Moment. Wanner weiß das: „Sie müssen die Übergabebedingungen des Interessenten beim Inhaber oder Geschäftsführer durchbringen.“

Das sei dann besonders schwierig, wenn ein Firmeninhaber seine Lebensleistung durch das Übernahmeangebot nicht ausreichend gewürdigt, seine Firma unterbewertet sieht. In seinem Fall, sagt Kluger, sei alles reibungslos gelaufen, „die Gespräche waren nie vergiftet“.

Der Übergang ins
neue Unternehmen

Die Verhandlung bis zu den Schlussgesprächen führte die Mühldorfer Unternehmensberatung weitgehend allein, erst dann kam Kluger dazu. „Wir halten den Unternehmern den Rücken weitgehend frei“, sagt Wanner. Wenn es aber abschließend ums Geld oder die Weiterbeschäftigung des Chefs geht, um die konkrete Übergabe, sitzt der mit am Tisch.

Nach diesen letzten Verhandlungen wird der Mühldorfer Spezialmaschinenbauer Kluger im Januar dieses Jahres Teil von Prokutec aus Raubling. Josef Kluger arbeitet weiterhin im Betrieb, die Gebäude gehören nach wie vor seiner Familie.

Wanner

Reinhold Wanner, 52, Diplom-Ingenieur, hat als Geschäftsführer für mehrere Firmen mit bis zu 500 Beschäftigten gearbeitet. 2013 gründete er sein Beratungsbüro in Mühldorf. Mit fünf Mitarbeitern berät er Unternehmen in den Bereichen Unternehmensvermittlung, Consulting, Personalvermittlung und Schulung.

Prokutec

Kluger hat 20 Mitarbeiter und macht drei Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Zu den Kunden zählen BMW, Linde oder Magna. Für sie konstruiert und baut Kluger Prototypen, Prüfstände und Sondermaschinen. Auch Lohnfertigung von Einzelteilen, Kleinserien und Baugruppen gehört zu den Dienstleistungen.

Kluger

Die Firma Prokutec in Raubling hat über 60 Mitarbeiter und macht knapp acht Millionen Euro Jahresumsatz. Die Firma ist ein klassischer Lohnfertiger in den Bereichen Laser- und Blechbearbeitung, Feinmechanik und Wasserstrahlschneiden. Im Januar übernahm das Unternehmen die Firma Maschinenbau Kluger.

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