IWF und Weltbank

USA über Kreuz mit dem Rest der Finanzwelt

von Redaktion

Von André Stahl und Michael Donhauser

Washington – Es ist alles sehr schön arrangiert: Jim Yong Kim, der Weltbankpräsident, diskutiert beim gemeinsamen Jahrestreffen seiner Organisation und des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Samstag in Washington mit Ivanka Trump, der Präsidententochter, über das Ende von Armut und die Gleichstellung von Frauen. Man ist sich einig, man hat die gleichen Ziele. Sogar die Farbe von Ivankas Hosenanzug und Kims Krawatte passen zusammen.

Doch hinter den Kulissen ist das Klima bei dieser Jahrestagung zwischen den USA und dem Rest der Welt so gespannt wie kaum jemals zuvor. Es gibt wenige Politikfelder, auf denen die Regierung von Donald Trump nicht im Clinch läge mit dem Rest der Finanz- und Wirtschaftswelt. „America First“, das wirtschafts- und handelspolitische Motto von Donald Trump, wird zum Kampfbegriff.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble reiht sich bei seinem letzten großen internationalen Auftritt im Regierungsamt in die große Gruppe der Mahner ein, die für mehr Freihandel plädieren. Die darauf hinweisen, dass das Bewältigen der großen, weltweiten Finanzkrise auch möglich war, weil die internationale Gemeinschaft zusammengeholfen hat.

Keiner nennt Trump beim Namen, auch Schäuble nicht. Doch er warnt: „Wir sollten uns alle Sorgen machen über ein langsames Wachstum des Welthandels und die Rhetorik gegen Freihandel.“ Beides seien Bedrohungen für den gemeinsamen wirtschaftlichen Wohlstand. Der Handel habe Millionen von Menschen die Möglichkeit gegeben, aus der Armut herauszukommen. Er habe Stabilität gebracht und Wohlstand auf der ganzen Welt sowie die globale Zusammenarbeit gefördert. „Wir brauchen mehr Offenheit, nicht weniger“, sagte Schäuble.

So ziemlich alles, was aus dem Weißen Haus und den angeschlossenen Ministerien in der Vergangenheit handels- und wirtschaftspolitisch verlautbart wurde, erfuhr beim IWF in den Tagen von Washington einen Konter. Trumps Steuerpläne seien nicht ausgereift, man brauche mehr Informationen, hieß es. Und: Man müsse nicht nur die Steuer senken, sondern auch die Frage beantworten, wie man das dann gegenfinanzieren wolle.

Trumps Mantra „Jobs, Jobs, Jobs“ begegnet der IWF mit einem anderen Thema: Ungleichheit. Die ungerechte Verteilung von Wohlstand, nicht nur unter den einzelnen Ländern der Welt, sondern auch innerhalb der einzelnen Volkswirtschaften, sei ein ungelöstes Problem, schrieben die Experten im neuen Weltwirtschaftsbericht. Die Hälfte des weltweiten Vermögens sei auf nur ein Prozent der Weltbevölkerung konzentriert. Auf die USA gemünzt heißt das: Trump muss nicht nur Jobs schaffen, sondern die Einkommen der Hunderttausenden von Billigarbeitern erhöhen. Und das möge er gefälligst über seine Steuerreform bewerkstelligen.

Am klarsten fasst es vielleicht der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, zusammen. Die Weltwirtschaft floriere, aber es gebe auch Risiken. Was er aufzählt, hat alles mit Donald Trump zu tun: Protektionismus, das Zurückdrehen von Finanzmarktregulierung – und nicht zuletzt galoppierende Aktienkurse als Vorschusslorbeeren auf eine Politik, die vielleicht gar nicht kommt. „Die hohe Bewertung hat etwas mit Erwartungen zu tun“, sagte Draghi. Würden diese nicht erfüllt, würden die Börsen wohl schnell Korrekturen vornehmen. Dass Trumps Finanzminister Steven Mnuchin – ein früherer Investmentbanker und Filmproduzent – noch einen Streit darüber vom Zaun bricht, ob die IWF-Manager zuviel verdienen, passt ins Bild. Auch dass die Trump-Regierung als größter Anteilseigner von Fonds und Weltbank eine Aufstockung des Budgets für die entwicklungspolitischen Aktivitäten der Weltbank verweigert.

In der Bankenszene wächst der Unmut ebenfalls. Die Welt will strengere Vorschriften, die USA wollen sie lockern oder nach ihrer Façon ändern. So warnten die deutschen Banken in Washington vor erheblichen Wettbewerbsnachteilen gegenüber ihren US-Konkurrenten durch die geplanten neuen Kapitalvorschriften für Geldhäuser.

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