Staatsanwaltschaft München erhebt anklage

Der Krimi ums Augustinum

von Redaktion

von Thomas Magenheim-Hörmann

München – Es ist ein Wirtschaftskrimi aus dem Kirchenmilieu und damit ein besonderer Fall, der ab kommendem Jahr voraussichtlich in München verhandelt wird. Nach mehrjährigen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft München 1 Anklage im Komplex des Sozialkonzerns Augustinum erhoben, was einigen Zündstoff birgt. Es geht um den von mutmaßlichem Betrug und Bestechungen begleiteten Verkauf 14 nobler Seniorenheime in ganz Deutschland. Vor den Kadi bringen wollen Staatsanwälte deshalb einen früheren Augustinum-Geschäftsführer, zwei Manager einer norddeutschen Erwerberfirma und einen Vermittler aus der Schweiz. Der vermeintliche Drahtzieher aber kommt nicht auf die Anklagebank. Das ist der frühere und 2014 verstorbene Augustinum-Aufsichtsratschef Artur Maccari.

Sollte es zur Verhandlung kommen, womit Justizkreise fest rechnen, wird es dort notgedrungen auch um Schuld oder Unschuld des Toten gehen. Denn daran bemisst sich, welchen Anteil an den zur Last gelegten Taten das angeklagte Quartett hat, das alle Vorwürfe abstreitet. Zudem erhebt das Augustinum millionenschwere Schadenersatzansprüche speziell gegen Maccaris Erben. Was in den Jahren 2011 bis 2013 geschehen ist, versucht die rund 100 seitige Anklageschrift nachzuzeichnen, die soeben allen Angeklagten und ihren Verteidigern zugestellt wurde.

Demnach erhielt das Augustinum Anfang 2014 einen anonymen Hinweis, wonach der Sozialkonzern beim Verkauf seiner Heime in den Jahren zuvor übel über den Tisch gezogen worden sei. Nach interner Untersuchung erstattet er dann Strafanzeige und Staatsanwälte übernahmen den Fall. Nach ihren Ermittlungen war Maccari die treibende Kraft beim mutmaßlich betrügerischen Verkauf der Seniorenstifte für gut eine halbe Milliarde Euro. Maccari habe diesen eingefädelt und dem damaligen Augustinum-Chef Markus Rückert entsprechende Verträge vorgelegt, die dieser in blindem Vertrauen unterschrieben hat. Auch gegen den Kirchenmann, dessen Vater den Sozialkonzern 1954 gegründet hatte, war deshalb ein Bußgeldverfahren eröffnet worden, das aber mittlerweile eingestellt ist.

Käufer der Heime war damals die Firma Nordic Kontor aus Schleswig-Holstein, die aber kein eigenes Geld hatte und sich deshalb die nötige Summe leihen musste. Darlehensgeber war das Augustinum. Der Verkäufer hat also den Kredit zum Kauf seiner Immobilien gegeben. Rückert wurde das angeblich als bilanziell besonders pfiffiger Trick verkauft.

Aus den Rippen geleiert wurden dem Augustinum damals nach Erkenntnissen der Staatsanwälte ferner rund 72 Millionen Euro Investitionskostenzuschüsse – angeblich zur Begleichung von Erwerbsnebenkosten. In Wahrheit sei über die Hälfte dieser Summe für Scheinprovisionen an den Vermittler aus der Schweiz abgezweigt worden. Der habe wiederum einen erheblichen Teil davon an Maccari und den angeklagten Augustinum-Geschäftsführer weitergeleitet. Letzterer ist deshalb wegen Untreue und gewerbsmäßigen Bandenbetrugs angeklagt, die anderen drei Beschuldigten nur wegen Betrugs.

Dazu kommen laut Anklage weitere Vorwürfe wegen Untreue mit Schäden in Millionenhöhe beim Bau eines Augustinum-Wohnstifts in Meersburg am Bodensee und einem Grundstücksverkauf in Dresden. Die 14 in der Hauptsache zur Anklage stehenden Altersresidenzen verteilen sich über Standorte in ganz Deutschland von Bonn und Heidelberg, bis Bad Soden bei Frankfurt, Stuttgart-Sillenbuch und München-Nord.

Drei der Heime hat das Augustinum voriges Jahr wieder unter eigene Kontrolle gebracht. Die elf anderen Immobilien sind von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt, wobei der Betrieb regulär fortgeführt wird. Je nach Ausgang des Verfahrens will der Sozialkonzern auch diese Standorte wieder übernehmen. Grundbuchrechtlich gesichert hat er sie sich bereits. Auch zivile Schadenersatzprozesse werden abhängig von Eröffnung und Ausgang des Strafprozesses angestrebt, wobei es dann primär um Maccaris Erbe gehen dürfte.

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