steueraffäre

Der Sturz des Georg Fahrenschon

von Redaktion

München – Millionen Menschen in Deutschland vertrauen den Sparkassen ihr Erspartes an. Zuverlässigkeit und Vertrauen sind für die öffentlich-rechtlichen Institute hohe Güter, Steuerhinterziehung passt da nicht ins Bild. Doch ausgerechnet der Sparkassenpräsident hat seine Steuererklärungen um Jahre verspätet eingereicht und will einen Strafbefehl nicht hinnehmen – Fehler, die Georg Fahrenschon nun sein Amt kosten, einem, dem lange alle Türen offen zu stehen schienen. Der 49-Jährige lege sein Amt zum 24. November nieder, teilte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) am Freitag mit.

Fahrenschon galt mal als möglicher Bundeswirtschaftsminister, 2011 wurde er als Bundesinnenminister gehandelt. Da entschied sich der Hoffnungsträger der CSU noch, Finanzminister in Bayern zu bleiben. Doch wenige Monate später wechselte er doch von München nach Berlin – als neuer Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes.

Den führte der 49-Jährige jahrelang unaufgeregt, nutzte seine politischen Kontakte für die rund 400 Sparkassen, die Landesbanken, Landesbausparkassen und Versicherungen. Der Sektor ist im Umbruch: Kostendruck, Filialschließungen, Stellenabbau – als oberster Lobbyist kämpfte Fahrenschon gegen weiteren Druck auf die Institute, sei es durch neue europäische Eigenkapitalregeln oder andauernde Niedrigzinsen.

Dem zweifachen Vater aus Neuried bei München wurden in seiner Zeit als Politiker meist Fairness und Offenheit attestiert, er galt nie als Machtpolitiker. In die riesige Sparkassen-Organisation kam der Externe ohne Hausmacht. Als nun das Steuer-Strafverfahren öffentlich wurde, musste er erfahren, wie schnell die mächtigen Regionalfürsten von ihm abrücken.

Am vergangenen Dienstag entzogen ihm dem Vernehmen nach mehrere Regionalverbände das Vertrauen. Zuvor hatte Fahrenschon einen Strafbefehl wegen zu spät eingereichter Steuererklärungen vor seiner geplanten Wiederwahl verheimlicht (wir berichteten). Einen Tag vor der geplanten Wahl am Mittwoch, 8. November, wurde durch einen Bericht der „Bild“-Zeitung publik, dass der Sparkassenpräsident seine Steuererklärungen für 2012 bis 2014 erst im vergangenen Jahr eingereicht hatte und dass das Münchner Amtsgericht einen Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung erlassen hat.

„Die verspätete Abgabe meiner privaten Steuererklärungen war falsch“, bekannte Fahrenschon nun. Er betonte: „An keiner Stelle habe ich, begleitet durch meinen Steuerberater, vorsätzlich rechtswidrig gehandelt.“ Er stelle das Wohl der Sparkassen-Finanzgruppe über seine persönlichen Interessen.

Übergangsweise führt nun Sparkassen-Vizepräsident Thomas Mang gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern Karl-Peter Schackmann-Fallis und Joachim Schmalzl den Spitzenverband der rund 400 Sparkassen in Deutschland. Mang, der auch den niedersächsischen Sparkassenverband leitet, begrüßte es, dass „nach den Ereignissen der letzten Tage auf diese Weise ein Neuanfang ermöglicht wird“. Er betonte, nun sei ein geordneter Übergang möglich. Die Neuwahl solle so rasch wie möglich stattfinden.

Fahrenschon hat seine Steuern mittlerweile gezahlt und Widerspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Aus seiner Sicht geht es keineswegs um Steuerhinterziehung, sondern um eine „Riesendummheit“. Auch nach dem Rücktritt bleiben allerdings eine ganze Reihe offener Fragen: Wer hatte ein Interesse daran, Fahrenschons Wiederwahl zu verhindern, wusste von dem Strafbefehl und informierte die „Bild“-Zeitung? Und warum versäumt ein ehemaliger Finanzminister, der mit der Materie vertraut sein sollte, über Jahre die Abgabe seiner Steuererklärung? dpa/mm

Artikel 6 von 6