AutoShow Detroit

Wo Autos noch schwer und stark sind

von Redaktion

Von Martin Prem

Detroit – Als ein italienischer Autohändler 2006 zu den Gründen für den unerwarteten Erfolg eines übermotorisierten Geländewagens befragt wurde, kam auf Englisch eine spontane Antwort: „It is a Berlusconi-Car.“ Politiker mit Showtalent wie Silvio Berelusconi prägten damals das Land. Wer heute, gut zehn Jahre später, der Mutter aller amerikanischen Automessen in Detroit einen Besuch abstattet, wird an den Spruch erinnert. Er behält überwiegend „Trump-Cars“ im Gedächtnis: wuchtig, martialisch und – wo immer möglich mehr Show als Substanz.

Beherrschend sind nach wie vor Pickup Trucks. Das waren früher Familien-Lastwagen für den ländlichen Raum und sind heute automobile Ungetüme mit riesigen Motoren, großzügigem Innenraum und der (geschrumpften) typischen Ladefläche.

Es tobt in diesem Segment ein erbitterter Dreikampf, in dem der größte US-Hersteller nur Zweitplatzierter ist. General Motors mit dem erneuerten Chevrolet Silverado und die Nummer drei, FiatChrysler mit dem RAM 1500 (ebenfalls in Neuauflage), wollen den Platzhirschen angreifen. Das wird schwer: Die Ford-F-Serie, die inzwischen in der dreizehnten Generation gebaut wird, hat 1948 das Fahrzeugsegment begründet und ist hinter dem Toyota Corolla das weltweit zweitmeistverkaufte Auto überhaupt.

Zwischen zwei und fünf Zentner haben die Neulinge abgespeckt und erreichen – zumindest mit Diesel oder Hybrid-Technologie – beim Verbrauch fast schon europäische Werte. Offiziell kann man die Wagen in Europa aber nicht kaufen. Doch bei freien Importeuren bekamen Interessierte auch in der Vergangenheit die US-Kolosse.

Angesichts solcher Schwergewichte tun sich die deutschen Hersteller ein bisschen schwer, in Detroit aufzufallen. Mit der neuen G-Klasse versuchte Mercedes zu punkten. Der Geländewagen, der in den 1970er-Jahren fürs Militär entwickelt wurde, präsentiert sich äußerlich so kantig und schlicht wie bei der Erstvorstellung von 39 Jahren. Doch das einst ebenso robuste Innere ist inzwischen einer Oberklassenausstattung gewichen – was dem häufigsten Einsatzzweck entspricht. Schwerstes Gelände, für das er einmal gedacht wird, bekommt der Ur-Geländewagen von Daimler ohnehin höchst selten unter die Räder. Auch der robustes Dieselmotor von 1979 mit 72 PS musste für Hochleistungsaggregate Platz machen.

BMW versucht sich gar nicht damit, groß zu erscheinen. Fraglich ist, ob der X 2, der in Detroit für den US-Markt präsentiert wurde, dort überhaupt als SUV durchgeht. Für amerikanische Verhältnisse ist das kleinstes SUV des Münchner Konzerns eher ein Kompaktwagen. Mit dem Elektroroller C Evolution hielt BMW die Fahne der Elektromobilität hoch.

Audi schickte im SUV-Segment die italienische Tochter Lamborghini vor. Sie bringt mit dem Urus (Auerochsen) ihr zweites SUV auf den Markt. Das basiert zwar wie der Porsche Cayenne, der VW-Touareg und der Audi Q7 auf dem modularen Längsbaukasten des Konzerns, weicht aber äußerlich durch seine flache Linienführung spürbar von der buckligeren Verwandtschaft ab. Durch die Verwendung von Carbonfasern ist der Urus auch erheblich leichter. Weil der doppelt aufgeladene V8-Motor immerhin 650 Pferdestärken mobilisieren kann, ist der Auerochse mit einer Spitzengeschwindigkeit von 305 Kilometern pro Stunde das derzeit schnellste SUV der Welt.

Vielleicht ist der Jahresauftakt der global geachteten Automessen zur Rückschau auf traditionelle Autowerte geworden, weil Zukunftstechnologien schon unmittelbar vorher in Las Vegas aufbereitet wurden: Autonomes und vernetztes Fahren und Elektromobilität. Obwohl die Consumer Electronics Show in der Wüstenstadt vornehmlich eine Messe für Fernsehgeräte, Rasierapparate und Mikrowellenherde ist, haben Autohersteller die Show in der nachrichtenarmen Zeit nach der Jahreswende dahingehend umfunktioniert, dort ihre Zukunftsvisionen auszubreiten. Auch die Automesse in Los Angeles, die knapp eineinhalb Monate vor Detroit stattfindet, betont üblicherweise die ökologischen Aspekte deutlicher als die Leitmesse in der Autostadt.

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