Handelsstreit

Europa holt zum Gegenschlag aus

von Redaktion

Whistler/München – Das Treffen der Finanzminister der sieben wichtigsten westlichen Industrieländer (G7) im kanadischen Whistler wurde am Freitag zum Krisentreffen. Grund sind die Strafzölle, die die USA seit diesem Tag für Stahl und Aluminium aus der EU, Kanada und Mexiko kassieren. Beim G7-Treffen in Kanada habe Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) US-Finanzminister Steven Mnuchin klargemacht, dass es „um eine Frage der Souveränität Europas und um eine Frage des Respekts“ gehe, hieß es am Freitag nach einer 40-minütigen Unterredung in deutschen Regierungskreisen. Scholz kündigte eine scharfe Antwort an – die EU plant eigene Strafzölle zum Beispiel auf Whiskey, Motorräder und Jeans.

„Wir werden in keinerlei Verhandlungen eintreten“, sagte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Freitag in Brüssel. „Die Tür dafür ist derzeit geschlossen.“ Eine andere Entscheidung sei nur möglich, wenn die US-Sonderzölle wieder aufgehoben werden. Die EU reichte am Freitag Klage gegen die Zölle bei der Welthandelsorganisation WTO ein.

Gleichzeitig gibt es Befürchtungen, dass die Regierung von US-Präsident Donald Trump nach einem Vergeltungsschritt aus Brüssel zusätzliche Branchen wie die deutsche Autoindustrie mit Strafzöllen belegen könnte.

Vergeltungsschritte planen aber auch Kanada und Mexiko. Kanada plant Gegenzölle in Höhe von umgerechnet elf Milliarden Euro. Die kanadische Liste umfasst Stahl und Aluminium aus den USA – sowie Joghurt, Kaffee, Zucker, Klopapier, Segelboote, Ma-tratzen, Waschmaschinen und Rasenmäher. Die Gegenzölle treten am 1. Juli in Kraft.

Auch Mexiko hat eine Liste mit US-Produkten fertig, auf die Gegenzölle aufgeschlagen werden sollen – sie reicht von Stahl und Aluminium über Lampen bis hin zu Äpfeln. Mexiko ist der größte Abnehmer von US-Aluminium und der zweitgrößte von US-Stahl.

Vor einer zu scharfen Antwort der EU warnte allerdings die stahlverarbeitende Industrie in Deutschland. „Reaktionen der EU, die zu einer Eskalation der Situation und weiteren Handelsbarrieren führen, würden einen noch viel größeren Schaden anrichten“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung, Christian Vietmeyer. „Die EU sollte gelassen bleiben.“

Deutschlands größter Stahlhersteller Thyssenkrupp wollte sich am Freitag nicht öffentlich äußern. In Firmenkreisen wurde aber auf das geringe US-Engagement des Konzerns verwiesen. Demnach exportiert Thyssenkrupp rund vier Prozent seiner Stahlproduktion in die USA. Dabei handele es sich größtenteils um hochwertige Stahlqualität, die nicht ohne Weiteres durch Lieferungen von US-Konkurrenten ersetzt werden könnten.

Auch für die bayerische Wirtschaft dürfte sich der Schaden vorerst in Grenzen halten. Davon geht der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK) aus. Stahl und Aluminium spielen demnach im USA-Geschäft des Freistaats eine untergeordnete Rolle und machen lediglich 0,2 Prozent der bayerischen US-Exporte aus. Trotzdem herrscht Alarmstimmung: „Heute ist ein schwarzer Tag für die Weltwirtschaft“, kommentierte BIHK-Präsident Eberhard Sasse das Vorgehen der USA. Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) befürchtet, dass die Zölle für Stahl und Aluminium den Anfang bilden für weitreichende, größere Handelshemmnisse durch die USA. „Es darf keine Spirale gegenseitiger Handelshemmnisse in Gang gesetzt werden“, warnte der Hauptgeschäftsführer der vbw, Ber-tram Brossardt. dpa/afp/sh

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