Starnberg – Entsorgung ist manchmal der falsche Begriff: Sonderabfälle werden häufig verbrannt oder deponiert. Vielleicht sind das günstige und einfache Methoden. Umweltfreundlich sind sie nicht. Econ Industries baut seit 15 Jahren Anlagen, die Sondermüll in seine Bestandteile aufteilen und verwertbar machen. Das Starnberger Unternehmen wurde jetzt – als einziges aus Oberbayern – mit dem Exportpreis Bayern 2018 ausgezeichnet. Der Preis wird seit zwölf Jahren jährlich vom bayerischen Wirtschaftsministerium, dem Bayerischen Industrie- und Handelskammertag sowie der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern in Zusammenarbeit mit Bayern International verliehen.
Der Gründer von Econ Industries heißt Reinhard Schmidt, er ist 54 Jahre alt. Die Leidenschaft fürs Segeln zog den gebürtigen Recklinghausener an den Starnberger See. Der Maschinenbau-Ingenieur hat sich das Patent für ein neuartiges Verfahren gesichert: Im Vakuum und bei hohen Temperaturen werden Stoffe voneinander getrennt. Seit der Gründung 2003 hat Econ weltweit 14 „Vacu-Dry“-Anlagen errichtet.
Das Herzstück dieser Anlagen ist ein stählerner Zylinder, der von außen erhitzt wird. Im Inneren wird das zugeführte Material stetig durchmischt. Nach und nach steigt die Temperatur und einzelne Stoffe verdampfen. Der Unterdruck reduziert die Temperaturen, die dafür nötig sind. Wasser siedet nicht bei 100, sondern bereits bei 33 Grad. Quecksilber hat normalerweise einen Siedepunkt von 357 Grad. Hier sind es 250 Grad. Am Ende bleiben Wasser, Schadstoffe, Wertstoffe sowie trockenes Pulver. Im Fall von zuvor kontaminiertem Boden ist das Resultat „saubere“ Erde.
Die bisher größte Anlage von Econ steht in Aserbaidschan und reinigt mit vier Trocknern Bohrschlamm. Erdöl, das von dem Schlamm getrennt wurde, kann als Bohröl weiter verwendet werden. Schmidt schätzt, dass die 13 Millionen Euro teuere Anlage in Aserbaidschan damit bereits nach zwei Jahren ihren Kaufpreis wieder eingefahren hat.
Vier Anlagen, unter anderem in Australien, baut Econ derzeit. Die insgesamt 20 Mitarbeiter sind damit voll ausgelastet. in Fünf Jahren könnten es zehn Baustellen sein, schätzt Schmidt. Doch schon jetzt sucht das Unternehmen neue Mitarbeiter, vor allem Ingenieure.
Noch gibt es in Bayern keine Anlage von Econ. Das soll sich in den nächsten fünf Jahren ändern. In Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt war der Anlagenbauer bereits aktiv.
Eigentlich sollte die Vorbereitung zur Wiederverwertung des Sondermülls vorrangig gegenüber dem Verbrennen oder Beseitigen sein. In Bayern wird aber die Hälfte der jährlich zwei Millionen Tonnen zur Sonderabfall-Entsorgung Bayern (GSB) mit Sitz in Baar-Ebenhausen, nahe Ingolstadt gebracht und dann verbrannt oder deponiert. Der Rest werde auf Deponien außerhalb des Freistaates gelagert oder verwertet.
Dagegen hat es Econ schwer. Das Landesamt für Umwelt fordert eine bestehende Anlage, bevor sie dem Verfahren einen Verwertungs-charakter bescheinigt. Die Errichtung macht aber nur Sinn, wenn Kunden, die ihren Müll dort verwerten wollen, dafür einen Verwertungsnachweis erhalten. Ein Bau ins Blaue hinein wäre für das Unternehmen daher ein enormes Risiko.
Hoffnungen setzt Schmidt aufs Auslandsgeschäft. 80 Prozent seiner Kunden hat er dort. Großbritannien könne sich durch den Brexit nicht mehr darauf verlassen, Sondermüll innerhalb der EU los zu werden. Die Vakuum-Trockner könnten hier Abhilfe schaffen, glaubt Schmidt. Auch Gespräche in Ostasien und den Golfstaaten seien vielversprechend. „Wir freuen uns über die Anerkennung unserer Technik, weltweit“, sagt der Econ-Chef.
Momentan sucht er noch nach dauerhaften Fertigungspartnern, auch von einem Joint-Venture ist er nicht abgeneigt, um in Zukunft zu wachsen – und immer mehr Sonderabfälle zu trennen, statt sie zu verbrennen.