Der undurchsichtige Abgang des Kuka-Chefs

von Redaktion

VON THOMAS MAGENHEIM-HÖRMANN

Augsburg – Die Übernahme der Augsburger Technologieperle Kuka durch den chinesischen Hausgerätehersteller Midea vor zwei Jahren war ein ausgesprochenes Politikum. Weil ein Ausverkauf von Hightech an immer zahlreicher auftretende Investoren aus dem Reich der Mitte befürchtet wurde, haben deutsche und EU-Politiker in der Folge versucht, Schutzzäune dagegen hochzuziehen.

Ein vehementer Verfechter der Übernahme von Kuka durch Midea war seinerzeit Kuka-Chef Till Reuter, der das Engagement der Chinesen bis zuletzt immer wieder verteidigt und von neuen Wachstumschancen des Augsburger Mittelständlers in China geschwärmt hatte. Nun verhandelt er seinen vorzeitigen Abgang unter Umständen, die vorerst im Dunkeln bleiben.

Reuter und Kuka-Aufsichtsratschef Andy Gu führen Gespräche über die vorzeitige Beendigung der Vorstandstätigkeit des Mannes, der seit 2009 an der Spitze des Roboterherstellers steht, erklärten die Augsburger am Wochenende wortkarg und ohne weitere Erläuterung in einer Pflichtmitteilung an die Börse. Nur dass die Sache noch nicht beschlossen ist, weil im Aufsichtsrat noch nicht darüber beraten wurde, ließ Midea-Topmanager Gu noch mitteilen.

Das lässt Vorbehalte gegen Midea als Kuka-Eigner wieder aufflammen. Denn erstens wäre Reuters Vorstandsvertrag noch bis Ende 2022 gelaufen. Er war im Frühjahr 2017 in Vertrauen auf die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit entsprechend verlängert worden. Zweitens war eine der umfangreichen Zusagen, mit denen Midea 2016 nicht nur das Kuka-Management, sondern auch Gewerkschaften und Belegschaft besänftigt und auf die eigene Seite gezogen hatte, die Unabhängigkeit des Kuka-Managements. Personifiziert wurde das vor allem durch den Verbleib von Reuter an der Spitze der Augsburger.

Insofern schrillen nun in der Fuggerstadt die Alarmglocken. Speziell das Personal dürfte sich fragen, was andere Midea-Zusagen hinsichtlich Jobs und Standorten noch wert sind. Ein Grummeln hinter vorgehaltener Hand war vor Ort zuletzt schon mehrfach zu vernehmen gewesen. Früchte habe die im Vorfeld vielzitierte Zusammenarbeit mit den Chinesen für Kuka auch nach zwei Jahren noch nicht gebracht, wurde kritisiert. Zwar ziehe Midea keine Aktivitäten nach China ab. Neue Investitionen flössen aber vor allem dorthin.

Im Herbst musste Kuka dann das Ende einer zehnjährigen Erfolgsserie bekanntgeben und die Prognosen für 2018 kürzen. Statt geplanter Zuwächse werde das Jahr einen Umsatzrückgang von 3,5 auf 3,3 Milliarden Euro bringen und mit 4,5 Prozent auch nur einen geringen Anstieg der operativen Gewinnmarge. Ursprünglich geplant waren 5,5 Prozent.

Kuka liefert vor allem der Autoindustrie zu, die speziell im US-chinesischen Verhältnis an von US-Präsident Donald Trump angezettelten Handelskonflikten leidet, hieß es zur Erklärung. Das ist plausibel und deutet nicht zwingend auf Probleme im Verhältnis zwischen Kuka und Midea hin. Mit den jetzigen Gesprächen zur Ablösung Reuters hat sich das geändert.

Die Chinesen würden Kuka an die kurze Leine nehmen und im Tagesgeschäft mitreden wollen, heißt es. Die Tage einer unabhängigen Kuka-Führung wären damit beendet. Zudem hatte Reuter nach der jüngsten Prognosekorrektur von einem Effizienzprogramm gesprochen, das aber nicht an den konzernweit 13 700 Arbeitsplätzen rütteln werde. Gilt dieses Wort auch noch nach einem nun wahrscheinlichen Abgang von Reuter?

Eigentlich hat Midea der Belegschaft vertraglich zugesagt, bis Ende 2023 keine Stellen abzubauen oder gar Standorte zu schließen. Mit der Personalie Reuter und den sich daran anknüpfenden Fragen wird sich sehr zeitnah nun der Kuka-Aufsichtsrat befassen. In dem sitzen auch Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsvertreter, die die zwei Jahre alten Midea-Zusagen in vielerlei Hinsicht auf ihre Zuverlässigkeit hin abklopfen werden. Und nicht zuletzt blickt auch die Politik nach Augsburg. Was zwischen Kuka und Midea läuft, könnte nicht nur ein Fingerzeig sein für die Zukunft chinesischer Engagements bei Unternehmen in Deutschland, sondern auch EU-weit.

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