München – Er ist Mitglied in zahlreichen Aufsichtsräten und kennt sich auch in Betrieben der Metallindustrie in und um München aus wie kaum ein Zweiter: Horst Lischka, 1. Bevollmächtigter der IG Metall für die Landeshauptstadt, gab in seiner Jahrespressekonferenz eine nicht gerade rosige Prognose für den bayerischen Jobmotor Automobilindustrie. 2019 werde der Höhepunkt der Beschäftigung erreicht, sagt er, dann aber gehe es abwärts. Ob bereits ab Mitte des Jahres die Wende zu erwarten ist oder erst 2019, darüber wagt Lischka keine Prognose. Sicher ist für ihn dagegen, dass die deutsche Automobilindustrie mit ihrem Selbstverständnis von heute „nicht bis ins Jahr 2030“ komme.
Die USA und China nutzen die Chance der Elektromobilität, um gegenüber den deutschen Premium-Autoherstellern Mercedes, BMW und Audi aufzuholen, sagt Lischka, der nachdrücklich für eine deutsche Batteriezellfertigung eintritt. „Die deutsche Industrie muss den Sprung wagen.“
Lischka fordert, Gelder, die noch für die Infrastruktur in bisherigen Braunkohle-Ländern gedacht sind, auch in die Ansiedlung einer Zellfertigung zu stecken. Sonst komme es wie nach der Wende in den östlichen Bundesländern. Dort seien modernste Straßen gebaut worden, die nirgends hinführen.
Lischka hält es für notwendig, die deutsche Autoindustrie zu einer verstärkten Zusammenarbeit zu bewegen. Die Software-Anforderungen für künftige Mobilität „wird man allein nicht stemmen können“.
Der Münchner IG-Metall-Chef erwartet, dass die Autoindustrie den Beschäftigungsrückgang per natürlicher Fluktuation oder per Altersteilzeit bewältigen kann. Auch die neue tarifliche Möglichkeit, für zusätzliche freie Tage auf Geld zu verzichten, sieht er als richtigen Schritt an, um mit einem sinkenden Personalbedarf zurechtzukommen. Immerhin 290 000 Beschäftigte in Deutschland haben sich nach seinen Worten dafür entschieden.
Der Schließung einer ganzen Fabrik in München gewinnt Lischka sogar positive Seiten ab. Der Maschinenbauer Krauss Maffei verlässt den Traditionsstandort am Bahnhof München-Allach und zieht nach Vaterstetten. Er tut dies nicht aus materieller, sondern aus Platznot. Er will seine Belegschaft von derzeit 2000 Mitarbeitern auf 2500 ausbauen und dafür fehlt in Allach der Platz. Allerdings sollen, so fordert er, Härten ausgeglichen werden, wie sie etwa Mitarbeiter treffen, die heute mit dem Fahrrad an ihren Arbeitsplatz in Allach kommen und künftig nach Vaterstetten müssen. Ein solcher Interessen-Ausgleich soll auch die Verbundwerkstatt erhalten, in der heute Krauss-Maffei-Lehrlinge auch für andere Unternehmen ausgebildet werden. Die frühere Militärtechnik-Abteilung von Krauss Maffei – heute KMW – und die Bahntechnik – heute Siemens – werden, zumindest fürs Erste, ohnehin am Traditionsstandort Allach bleiben. MARTIN PREM