München/Frankfurt – Potenzielle Bauherren und angehende Immobilienkäufer müssen sich nicht sputen, zumindest nicht mit Blick auf die Zinsen für Baukredite. Zum Jahresbeginn sind sie sogar wieder leicht gerutscht, auch wegen des anhaltenden Brexit-Chaos und der generell bestehenden unklaren Zukunftsaussichten mit Blick auf die Konjunktur. „Die wirtschaftspolitische Unsicherheit nimmt weiter zu“, sagt Jörg Utrecht, Vorstandschef der Interhyp AG, des größten Vermittlers privater Baufinanzierungen in Deutschland. „Damit sind nahe Zinsanstiege noch unwahrscheinlicher geworden. Eine nachhaltige Trendwende ist in jedem Fall in weite Ferne gerückt.“
Bundesanleihen sind in diesen Zeiten weiter als sicherer Hafen gefragt. Die Nachfrage nach den Papieren steigt, was wiederum die Rendite drückt. Sie liegt derzeit bei zehnjährigen Anleihen bei gerade mal 0,11 Prozent und damit deutlich niedriger als Ende 2018. Da waren es 0,24 Prozent. An dieser Marke orientieren sich auch die Zinssätze für Baudarlehen. Und die bewegen sich in Richtung ihrer historischen Tiefstände. Brexit, ungelöste Handelskonflikte, gedämpftere Konjunkturaussichten und schrumpfende Unternehmensgewinne kommen indirekt auch Bauherren und Immobilienkäufern zugute. „Die Konditionen sind davon abhängig, wie es in der Welt aussieht“, sagt Max Herbst von der Finanzberatung FMH. „Wir laufen in keine Hochzinsphase hinein“, ist sich der erfahrene Marktbeobachter sicher. „Das Zinsniveau bleibt sehr günstig.“
Gleich reihenweise hätten die Banken die Bauzinsen in den letzten Monaten des vergangenen Jahres gesenkt, sagen Experten. Im Vergleich zum Oktober um 0,1 bis 0,15 Punkte. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) wird keine Hindernisse in den Weg legen. Den Leitzins von derzeit null Prozent werden die Notenbanker frühestens im Herbst leicht erhöhen, möglicherweise aber auch erst 2020. Das liegt auch daran, dass die Inflationsrate weiter deutlich unter der EZB-Zielmarke von knapp zwei Prozent liegt. Wer aktuell den Kauf des Hauses oder der Wohnung für zehn Jahre mit 100 000 Euro finanziert und anfänglich drei Prozent pro Monat tilgt, kommt laut FMH aktuell beim günstigsten Anbieter auf einen Effektiv-Zins von 0,97 Prozent, was monatlich rund 329 Euro bedeuten würde. Das Vergleichsportal Biallo nennt 0,96 Prozent und ebenfalls rund 329 Euro. In der Spitze können aber auch ein Zins von mehr als zwei Prozent und damit 395 Euro im Monat fällig werden.
Geht es um eine Finanzierung von 250 000 Euro für zehn Jahre nennt FMH derzeit für den günstigsten Anbieter 0,87 Prozent als Effektiv-Zins und rund 802 Euro pro Monat, Biallo weist auf eine Bank hin, die 0,85 Prozent als Effektiv-Zins ansetzt, was eine monatliche Rate von ebenfalls rund 802 Euro bedeutet. In der Spitze könnten es hier 2,08 Prozent und damit 987 Euro pro Monat sein.
Im Durchschnitt liegt der Hypothekenzins effektiv bei zehn Jahren Laufzeit nach Angaben von Herbst derzeit bei 1,24 Prozent, die Spanne erstreckt sich von 0,99 bis 2,00 Prozent. Wird für 15 Jahre finanziert, liegt der Durchschnittszins effektiv bei 1,64 Prozent. Beim günstigsten Anbieter sind es 1,35 Prozent, beim teuersten aktuell 2,38 Prozent.
Verbraucherschützer sehen aber in den günstigsten Offerten nicht selten Werbeangebote, die am Ende so billig nicht zu bekommen sind. Und allenfalls für Kunden mit sehr guter Bonität gelten. In der Regel solle man 0,15 Prozentpunkte bei einer Offerte dazurechnen, lautet eine Faustregel von Verbraucherschützern. Das heißt, Effektiv-Zinsen für ein Darlehen von weniger als einem Prozent sind auch derzeit eher die Ausnahme.
Aber günstig bleibt es. Herbst schätzt, dass sich die Bauzinsen in diesem Jahr in einer Schwankungsbreite von maximal 0,5 Punkten nach unten und oben bewegen. Und dass die Banken am Jahresanfang eher günstiger anbieten. Ab Sommer dann wollten die meisten Häuser ihre Marge verdienen und im Baufinanzierungsgeschäft größere Gewinne einfahren. Deshalb könnten Baukredite dann etwas teurer werden.
Vor diesem Hintergrund sieht nicht nur Herbst keinen Grund für übereilte Käufe. Aktuell müsse man keine Finanzierung vorschnell unterschreiben. „Der Druck“, sagt Herbst, „kommt nicht von den Zinsen. Er kommt vom Angebot. Der Immobilienmarkt ist weiter eng“. Bezahlbare Häuser oder Wohnungen vor allem in Städten und Ballungsräumen wie in und um München zu finden, ist derzeit das viel größere Problem.
Nachfrage nach Bundesanleihen drückt die Rendite
Supergünstige Offerten oft nur Lockangebote