München – Der Tag hat Symbolcharakter. „Wenn ich gewusst hätte, wie das Jahr sich entwickelt, hätte ich die Bilanzvorlage nicht am Aschermittwoch angesetzt“, räumt Schaeffler-Chef Klaus Rosenfeld ein. Denn zum einen hat die Deutsche Börse am Vorabend den Abstieg der Franken vom MDax in den SDax und damit die dritte deutsche Börsenliga verkündet. Zum anderen erzwingen immer stärker sich eintrübende Geschäfte mit der Autoindustrie als dominierender Abnehmerbranche, aber auch hausgemachte Probleme ein neues Sparprogramm. Von europaweit 900 bedrohten Stellen entfallen 700 Jobs auf deutsche Standorte mit ihren insgesamt 32 000 Beschäftigten. So sollen erst einmal 90 Millionen Euro eingespart werden. Nicht alle der fünf betroffenen Werke lägen in Deutschland, sagt Rosenberg. Weltweit beschäftigt Schae–ffler 92 000 Menschen, wobei 2018 im Vertrauen auf anziehende Nachfrage noch aufgebaut wurde. Nun kommt das „Kommando zurück“.
Benennen will Schaeffler die nun von Abbau oder Verkauf betroffenen Standorte nicht, weil die Manager erst mit Betriebsräten und der IG Metall sprechen wollen. Da Schaeffler mit beiden 2018 ein Beschäftigungsabkommen geschlossen hat, soll es keine betriebsbedingten Kündigungen geben. „Wir werden nicht kalt schließen“, versprach der Vorstandschef. Er setzt auf Verkauf und Verschmelzung von Standorten.
Aussortiert werden sollen dabei Produkte, für die es nachfrage- und technologiebedingt keine Zukunft mehr gibt. Als Beispiel nennt Schaeffler Schaltgetriebe und Motorkomponenten. Der Konzern will die Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor reduzieren und Geschäfte ausbauen, die im Elektrozeitalter eine Zukunft haben. Damit liegt Schaeffler im Branchentrend, wenn auch als betonter Mechanikspezialist wohl verspätet.
Zudem sind die Herzogenauracher wie andere Kfz-Zulieferer von Handelskonflikten sowie einem drohenden harten Brexit gebeutelt. Vor allem wackelige Automobilkonjunkturen in China und Europa machen Schaeffler wie der der gesamten Branche zu schaffen. Auch weil kaum abschätzbar ist, wie sich die von US-Präsident Donald Trump entfachten Zollstreitigkeiten entwickeln, seien die jetzt verkündeten Sparmaßnahmen nur eine erste Stufe, betonte Rosenberg. Weitere Stufen wolle er noch nicht bekannt geben, um die konzerninterne Unruhe in Grenzen zu halten. Schnelle Verbesserungen erwartet der Manager in keinem Fall. Frühere Ziele für 2020 wurden kassiert. Das neue Umbauprogramm namens Race soll bis 2024 laufen. Es setzt auf eine laufende Sparrunde mit dem Abbau von knapp 1000 Stellen, die Hälfte davon in Deutschland. Im laufenden Jahr rechnen die Franken mit einem anhaltend mageren Umsatzwachstum von maximal drei Prozent. 2018 sind die Erlöse währungsbereinigt um knapp vier Prozent auf 14,2 Milliarden Euro gestiegen. In absoluten Zahlen haben sie stagniert. Die operative Umsatzmarge soll 2019 weiter auf acht bis neun Prozent zurückgehen. Im Vorjahr ist diese Kennziffer vor Sondereffekten schon von 11,3 auf 9,7 Prozent geschrumpft, womit Schaeffler im Branchenvergleich noch recht gut liegt. Der Jahresüberschuss war um ein Zehntel auf 881 Millionen Euro rückläufig. Ursprüngliche Ziele wurden 2018 verfehlt.
Dabei ist Schaeffler noch glimpflich davongekommen, auch weil das Zuliefergeschäft mit Industrien abseits der Autohersteller schneller als gedacht saniert werden konnte und wieder steigende Profite liefert, also zum Teil für einen Ausgleich gesorgt hat. Konstant gehalten wird trotz Gewinnschwund die Dividende bei 55 Cent je Vorzugsaktie. Das kommt vor allem der Aktionärsfamilie Schaeffler zugute, an die allein rechnerisch rund 270 Millionen Euro ausgeschüttet werden. Dem Aktienkurs hat das nicht geholfen. Das Papier ist in der Spitze um gut ein Zehntel eingebrochen. Die Schaeffler-Familie ist auch am Schwesterzulieferer Continental in Hannover maßgeblich beteiligt.