Bahn lehnt höhere Ticketpreise ab

von Redaktion

Die Bahn muss mit schrumpfendem Gewinn und hohen Schulden klarkommen. Doch die Passagierzahlen steigen weiter. Auch die Pünktlichkeitswerte stabilisieren sich. Der Verkauf von Arriva soll Geld für Investitionen bringen.

VON WOLFGANG MULKE

Berlin – Es ist ein ziemlich tiefes Tal, das die Deutsche Bahn derzeit durchquert. Der Schuldenstand bewegt sich laut der gestern vorgelegten Bilanz mit 19,5 Milliarden Euro nahe der Obergrenze von 20 Milliarden Euro, die der Bund festgesetzt hat. Beim Umsatz gab es ein Plus von gut drei Prozent auf 44,2 Milliarden Euro. Dennoch schrumpfte der Gewinn im vergangenen Jahr um fast 30 Prozent auf 542 Millionen Euro. Das reicht nicht aus, um die milliardenschweren Investitionen in neue Züge und digitale Technik zu finanzieren. Sorgenkind bleibt der Güterverkehr, der nach Einschätzung von Finanzvorstand Alexander Doll auch in den nächsten zwei Jahren Verluste einfahren wird.

Passagiere

Auf der anderen Seite wird die Bahn beliebter. 148 Millionen Passagiere zählte der Fernverkehr, nach Unternehmensangaben so viele wie nie zuvor. „2019 werden wir erstmals stabil über 150 Millionen liegen“, kündigte Bahnchef Richard Lutz an.

Pünktlichkeit

In zehn Jahren erwartet er 200 Millionen Fahrgäste. Doch der Bahnchef räumt damit das von der Bundesregierung vorgegebene Ziel einer Verdoppelung der Kundenzahl bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts ab. Diese sei erst in den 30er-Jahren zu erreichen, sagte Lutz. Etwas besser ist inzwischen auch der Pünktlichkeitswert geworden. Im bisherigen Jahresverlauf kamen 78,3 Prozent der Züge zur richtigen Zeit am Ziel an. Das Ziel für dieses Jahr liegt bei nur 76,5 Prozent. Hier zeigen sich erste Erfolge des im Winter angekündigten Fünf-Punkte-Plans für einen Abbau der Verspätungen. Im Jahresdurchschnitt 2018 erreichten nur 74,9 Prozent der ICEs, Intercitys und Eurocitys ihre Ziele pünktlich. Ein Zug gilt als pünktlich, wenn er unter sechs Minuten verspätet eintrifft.

Ticketpreise

Der Druck der Bundesregierung auf die Bahn zeigt Wirkung. Höhere Ticketpreise, die der Bahnbeauftragte der Regierung auch forderte, lehnt der Vorstand jedoch ab. Der Bahn-Beauftragte Enak Ferlemann hatte höhere Preise oder reduzierte Sondertarife ins Gespräch gebracht, um Investitionen im Bahnverkehr zu finanzieren.

Das Unternehmen sieht das anders: „Wir brauchen Flexibilität bei den Tickets“, sagt der zuständige Vorstand Bertold Huber. Gemeint ist das Angebot an Sparpreisen und Billigtickets, mit dem die Bahn die Auslastung der Züge steuert. Der durchschnittliche Erlös pro Kilometer ist Huber zufolge im vergangenen Jahr gestiegen. Die Bahn kann also auch ohne offene Preiserhöhung mehr einnehmen. Außerdem hat die Kommission der Bundesregierung zur Senkung des CO2-Ausstoßes im Verkehr sich auf günstigere Ticketpreise für die Bahn geeinigt.

Investitionen

„Wir investieren so viel wie nie zuvor“, versicherte der Bahnchef. Allein aus eigenen Mitteln hat die Bahn dafür 2018 vier Milliarden Euro aufgebracht. In diesem Jahr sollen es noch einmal 500 Millionen Euro mehr werden. Dazu kommen noch die Ausgaben des Bundes für die Instandhaltung. Zusammengenommen fließen in diesem Jahr damit mehr als zwölf Milliarden Euro ins Schienensystem.

Arriva-Verkauf

Um die geplanten Investitionen und Technik und neue Züge aus eigener Kraft zu finanzieren, muss frisches Geld her. Allein in diesem Jahr fehlen der Bahn zwei Milliarden Euro. Das Kapital soll der Verkauf des britischen Tochterunternehmens Arriva einbringen. Der Aufsichtsrat hat entschieden, dass Lutz die Planungen dafür vorantreiben soll. Vier Milliarden Euro könnte der Verkauf einbringen. Unter einem neuen Eigentümer werden die Briten aber in Deutschland aktiv und der Bahn im Nahverkehr Konkurrenz machen. Davor fürchte er sich nicht, beteuert Huber. Im Sommer könnten die Vorbereitungen für einen Verkauf so weit sein, dass die Bundesregierung eine letzte Entscheidung dazu treffen kann.

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