München – „Auszubildende verdienen Anerkennung, hierfür setzen wir mit der Mindestvergütung ein Signal.“ So erklärte Karliczek gestern ihren Entwurf für das Berufsbildungsgesetz. 2021 sollen Azubis im ersten Jahr mindestens 550 Euro pro Monat bekommen, 2022 sind 585 Euro im ersten Ausbildungsjahr vorgesehen, 2023 dann 620 Euro. Im zweiten Ausbildungsjahr sollen die Sätze um 18 Prozent höher liegen, im dritten um 35 Prozent und im vierten um 40 Prozent. Vor allem in Ostdeutschland liegen die Ausbildungsvergütungen oft darunter – so bekommen Friseur-Lehrlinge dort im ersten Jahr nur 325 Euro, während die West-Kollegen 495 Euro bekommen. Die Tarifparteien sollen grundsätzlich auch niedrigere Vergütungen vereinbaren können.
Karliczek zufolge solle mit der Vergütung „Maß und Mitte“ gewahrt werden – „denn für die Betriebe muss sie wirtschaftlich tragfähig sein, und sie muss das Interesse der Betriebe erhalten, eine hochwertige Ausbildung in Deutschland anzubieten“.
Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkskammertages, kritisiert die geplante Regelung: „Ein gesetzlich festgelegter Mindestlohn für Auszubildende ist ein Eingriff in die Tarifautonomie.“ Die Ausbildungsvergütung stelle kein Gehalt dar, sie sei als Unterstützung zum Lebensunterhalt zu verstehen. Peteranderl weiter: „Eine staatlich festgesetzte Mindestausbildungsvergütung ist ganz sicher kein geeignetes Instrument, um mehr junge Leute für das Handwerk zu gewinnen.“ Die Erhöhungen seien losgelöst von Konjunktur- und Einkommensentwicklung, sie würden vor allem kleine Handwerksbetriebe belasten.
Der Landesinnungsmeister des bayerischen Friseurhandwerks, Christian Kaiser kritisiert: „Eine Steigerung der Vergütung um rund 20 Prozent innerhalb von drei Jahren orientiert sich nicht an einer durchschnittlichen tariflichen Entwicklung.“ Er befürchtet „nicht nur negative Auswirkungen auf die Ausbildungsbereitschaft unserer Betriebe, sondern auch Konsequenzen für die Ausbildungsqualität“. Jeder Euro bei der Ausbildungsvergütung fehle für Ausbildungsmittel, Seminare und Fortbildungen.”
Bayerns DGB-Vorsitzender Matthias Jena lobt das Gesetz hingegen: „Damit wurde eine jahrelange Forderung des DGB endlich umgesetzt, auch wenn wir uns eine höhere Mindestvergütung im ersten Ausbildungsjahr gewünscht hätten.“ Die Kritik der Handwerksbetriebe daran kommentiert er so: „Gleichzeitig beschweren sie sich seit Jahren über den Fachkräftemangel. Das passt nicht zusammen. Denn zu einer attraktiven Ausbildung gehört auch eine attraktive Vergütung.“
Die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern erwartet nicht, dass sich die Regelung negativ auf die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe in Industrie, Handel und Dienstleistung auswirkt, da deren Vergütungen bereits entweder in diesem Bereichlägen oder sogar darüber. „Unser Ziel ist es, das Image der dualen Ausbildung bei den Jugendlichen, ihren Eltern und den Lehrern zu stärken. Eine Mindestgrenze bei der Vergütung kann dabei ein Faktor sein, um in bestimmten Bereichen und Zielgruppen eine Ausbildung attraktiver zu machen“, erklärt IHK-Präsident Eberhard Sasse. Allerdings gibt er auch zu bedenken: „Die Attraktivität der dualen Ausbildung ausschließlich über die Vergütung zu definieren, wäre der falsche Ansatz.“ We