Ex-Telekom-Chef: „Das Internet ist viel zu langsam“

von Redaktion

Früherer Branchenstar wird heute 70

Bonn – Mit 52 war Schluss. Ron Sommer, schillernder Branchenstar, musste Mitte Juli 2002 seinen Chefsessel räumen bei der Deutschen Telekom. Der teure Einstieg in den US-Markt war umstritten, der Schuldenberg hoch, der Aktienkurs im Keller. Danach verschwand Sommer aus der öffentlichen Wahrnehmung. Im Rückblick sei der damalige Abgang „schmerzhaft“ gewesen, sagt Sommer heute. „Das war eine emotionale Zeit.“ Heute wird Sommer 70 Jahre alt.

In drei Aufsichtsräten großer Konzerne saß er in den vergangenen Jahren: bei der Versicherung Münchener Rück, beim indischen Softwareunternehmen Tata Consultancy Services (TCS) und beim russischen Telekommunikationskonzern MTS. Dieser gehörte einst zum großen Teil der Deutschen Telekom, wurde nach Sommers Abgang aber verkauft.

In seiner Zeit als Aufsichtsrat bekam der in Wien Aufgewachsene ein Gefühl für die Größe des Marktes – und wie wichtig Wachstum ist. TCS beispielsweise habe inzwischen rund 400 000 Mitarbeiter und stelle pro Jahr 40 000 bis 60 000 neue Beschäftigte ein. Und MTS habe den Internetausbau in Russland vorangetrieben – schnelle Gigabit-Verbindungen seien in den Großstädten längst Standard.

Davon ist Deutschland weit entfernt. Auf den Zustand der deutschen Internetlandschaft angesprochen, winkt Sommer ab – als Ex-Telekom-Chef wolle er sich dazu nicht äußern. Zu Europa sagt er aber: Der Markt sei zu kleinteilig und das Internet in der Regel viel zu langsam. „Im Jahr 2008 war ich in Hongkong und hatte dort Ein-Gigabit-Internet – also vor elf Jahren“, sagt Sommer. „Heute ist so ein Tempo in Europa die Ausnahme.“ Europa hinke beim Internet großen Teilen der Welt hinterher, sagt er. Zu kleinteilig sei die hiesige Telekom-Branche, die in Europa aufgesplittert sei in etwa 100 verschiedene Firmen.

„Drei, maximal vier Anbieter wären besser, damit Europa mithalten kann im globalen Digitalzeitalter.“ Nach seiner Darstellung wäre dies gut, weil große Konzerne mehr Investitionskraft haben als kleinere Firmen.

Der schon mit Anfang 20 promovierte Mathematiker machte zunächst Karriere bei Nixdorf, später war er Sony-Europachef und von 1995 bis 2002 Telekom-Vorstandsvorsitzender. In seiner Bonner Zeit entwickelte sich ein nationaler Staatsmonopolist zu einem internationalen börsennotierten Konzern.

In seiner Amtszeit lag auch eine Achterbahnfahrt beim Telekom-Börsenkurs – von anfangs umgerechnet 14,57 Euro kletterte der Wert auf 100 Euro und stürzte danach wieder ab. „Ich habe mich nie wohlgefühlt, wie sich der Aktienkurs entwickelt hat“, sagt Sommer heute – sowohl als es aufwärts ging als auch, als es abwärts ging.  dpa

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