Frankfurt – Deutschland und Österreich erleben derzeit bei Kurzstreckenflügen nach Ansicht von Lufthansa-Chef Carsten Spohr den weltweit härtesten Preiskampf. „Und wir stecken mittendrin.“ Ohne Ryanair namentlich zu nennen, macht er dafür vor allem den irischen Billigflieger verantwortlich. Fünf- oder auch Neun-Euro-Tickets hält Spohr, wie er sagte, nicht nur für ökonomisch unsinnig, sondern auch für problematisch, weil sie das System Flugverkehr verstopften und die Branche angreifbar machten für Kritik. Er hoffe, dass sich ein solcher Preiskampf im nächsten Jahr nicht wiederhole.
Die Lufthansa werde aber in jedem Fall dagegenhalten und ihren Heimatmarkt verteidigen. „Diese Branche braucht qualitatives Wachstum, kein quantitatives“, sagt der Lufthansa-Chef. Auch deshalb sei die weitere Konsolidierung in Europa dringend notwendig und überfällig. Er erwartet, dass sich dieser Prozess durch die Abschwächung der Konjunktur beschleunigen werde. Die Lufthansa will bei der Konsolidierung, auch global mit vorne dabei sein. „Wir sind dafür gut positioniert. Wir wollen und wir werden eine Rolle spielen“, sagt Spohr. Zuletzt war über eine Übernahme der Ferienfluggesellschaft Condor des Reisekonzerns Thomas Cook durch die Lufthansa spekuliert worden. Die Briten haben aber den möglichen Verkauf erst einmal zurückgestellt. Spohr erwartet, dass es mittelfristig weltweit nur noch zwölf große Airline-Konzerne geben wird: Jeweils drei aus Europa – darunter Lufthansa – aus den USA, aus China und vom arabischen Golf. Das seien für die Lufthansa die entscheidenden Wettbewerber, nicht Billigflieger in Europa.
Spohr sieht die Airlines wegen des Klimawandels unter immer stärkerem Druck. „Die Diskussion ist richtig, wir brauchen aber mehr Ausgewogenheit“. Die Lufthansa will vor allem durch die permanente Erneuerung der Flotte und den Kauf effizienterer Flugzeuge ihren Beitrag leisten. Jede neue Maschine bringe im Schnitt eine Treibstoffeinsparung pro Passagier von 25 Prozent. „Das ist der wichtigste Hebel.“ Alle zwei Wochen stelle die Airline einen neuen Jet in Dienst. In den nächsten zehn Jahren will die Lufthansa insgesamt 280 neue Maschinen kaufen. Spohr weist zudem darauf hin, dass die Luftfahrt-Branche der einzige Verkehrsträger sei, der sich am Emissionshandel beteilige. Auch in synthetischem mit erneuerbaren Energien und damit klimaneutral produziertem Kerosin sieht Spohr einen wichtigen Ansatz. Die Technologie dafür sei da.
Spohr wünscht sich auch eine effizientere Flugsicherung mit einheitlichen Regelungen in Europa. Dadurch könnten weitere zehn Prozent CO2 eingespart werden. „Es kann im Blick auf die Klimabelastung mehr getan werden, es muss mehr getan werden und Lufthansa will mehr tun.“ Gerade hat die Airline eine neue Plattform vorgestellt, mit der Passagiere ihre Emissionen pro Flug finanziell ausgleichen können. Das Geld nutzt die Lufthansa für den Einsatz von synthetischem Kraftstoff und für Aufforstungsprojekte. ROLF OBERTREIS