Neuer Verdi-Chef: „Reichtum besteuern“

von Redaktion

VON BASIL WEGENER

Leipzig – Zeitenwende bei Verdi: Frank Werneke ist in Leipzig zum Nachfolger des langjährigen Vorsitzenden Frank Bsirske gewählt worden. Die knapp 1000 Delegierten des Verdi-Bundeskongresses wählten Werneke mit 92,7 Prozent der Stimmen. Bsirske stand 18 Jahre an der Spitze der Dienstleistungsgewerkschaft und trat mit 67 Jahren nicht erneut an. Der 52-jährige Werneke stellte sich in einer kämpferischen Rede vor. Er ist seit 17 Jahren stellvertretender Verdi-Chef und war bisher unter anderem für die Finanzen der 1,97 Millionen Mitglieder zählenden Gewerkschaft verantwortlich.

Werneke erinnerte daran, dass er seit seiner Zeit als Azubi gewerkschaftlich aktiv gewesen sei. „Ich bin stolz und mit Stolz Gewerkschafter, weil ich ganz persönlich erlebt und erfahren habe, dass durch gemeinsames Handeln, dass durch gemeinsame Kämpfe die Arroganz der Macht überwunden und gebrochen werden kann“, sagte er. Er sprach sich für einen aktiven Sozialstaat aus und kritisierte die Privatisierung in der Altenpflege. „Wir wollen Profitgier durch Gemeinwohl ersetzen“, versprach Werneke. „Deshalb wollen wir Reichtum endlich angemessen besteuern, um bessere Renten zu finanzieren und mehr Verteilungsgerechtigkeit durchzusetzen.“ Verdi solle aber auch klar gegen weiteren Rüstungswettlauf und für Toleranz eintreten. Zur neuen Vizechefin wurde Christine Behle (51) gewählt. Im Vize-Amt bestätigt wurde Andrea Kocsic (54).

Nun sprach sich Bsirske –der Gewerkschaftsführer mit grünem Parteibuch – unter anderem noch einmal für sozial gerechte Finanzierung nötiger Investitionen in Klimaschutz aus und schloss mit den Worten: „Das wollte ich sagen, und jetzt bin ich durch.“

Bsirske wurde bekannt als streitbarer Streikführer im öffentlichen Dienst, schreckte vor klassenkämpferischen Tönen nicht zurück und vertritt linke Positionen. Werneke ist öffentlich bisher wenig aufgefallen. Der Ostwestfale nimmt für sich in Anspruch, dass die Entfaltung öffentlicher Strahlkraft bisher auch nicht seine Aufgabe gewesen sei. Er ist bereits seit 1982 SPD-Mitglied. Inhaltlich war Werneke für die Medienarbeit zuständig.

Aufgewachsen ist Werneke in der Kleinstadt Schloß Holte-Stukenbrock nahe Bielefeld. Er machte einen Realschulabschluss und begann 1983 eine Ausbildung als Druckvorlagenhersteller. 1993 wurde er Bundessekretär der damaligen IG Medien.

Künftig muss er sich unter anderem um die Mitgliederentwicklung kümmern. Von den zur Gründung 2001 noch 2,81 Millionen Mitgliedern sind 1,97 Millionen übrig geblieben. 120 000 Menschen dürften dieses Jahr dazustoßen, aber mehr als 140 000 austreten. „Wir müssen auf der Eintrittsseite noch einen Schritt nach vorne machen“, sagt der neue Chef.

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