Berlin – Die Pleite des zweitgrößten europäischen Reisekonzerns Thomas Cook jagt Schockwellen durch die Branche. Die Insolvenz des britischen Traditionsunternehmens trifft die Tourismusindustrie ausgerechnet vor Beginn der Herbstferien in Deutschland. Der Markt der Reiseveranstalter muss sich neu sortieren. Zumindest der zu Thomas Cook gehörende Ferienflieger Condor ist vorerst allerdings davor gerettet, in den Strudel gezogen zu werden.
Der Bund und das Land Hessen wollen der Airline mit Sitz in Frankfurt mit einem sechsmonatigen Überbrückungskredit helfen: 380 Millionen Euro über die KfW, Hessen bürgt für die Hälfte davon. Die erlösende Nachricht für Unternehmen, Beschäftigte, Urlauber und die ganze Branche sickerte am späten Dienstagabend durch. Es gebe die Möglichkeit, „viele“ der fast 5000 Jobs bei Condor dauerhaft zu erhalten, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Der Rettungshilfe muss aber auch die EU-Kommission noch zustimmen.
Bislang fliegt Condor planmäßig. Man setze den Betrieb „ganz regulär fort“, hieß es aus dem Unternehmen. Die ganze Reiseindustrie setzt darauf, dass die Airline weiter in der Luft bleibt. Flughäfen und Gewerkschaften hatten die Bitte Condors um Staatshilfe unterstützt. Condor ist ein wichtiger Partner für deutsche Reiseveranstalter.
Die Pleite von Thomas Cook beflügelte erneut die Spekulationen über einen Verkauf Condors. Es gebe ein hohes Interesse auch bei Finanzinvestoren, sagte ein Condor-Sprecher. Man sei in konkreten Gesprächen und beginne nicht bei Null.
Kunden der deutschen Thomas Cook können auch heute und morgen ihre Reisen nicht antreten. Die Durchführung könne nicht garantiert werden, hieß es. Nach Hause fliegen könnten Pauschalreisegäste aktuell in der Regel wie geplant.
Die Tochter mit den Marken Thomas Cook, Neckermann, Öger Tours, Air Marin und Bucher Reisen ist nicht insolvent. Sie führt derzeit Gespräche mit möglichen Kapitalgebern und allen zuständigen Gremien auf Regierungsebene in Berlin und Wiesbaden. „Wir tun alles in unser Macht Stehende, um den Fortbestand unseres Unternehmens zu sichern“, sagte Stefanie Berk, Vorsitzende der Geschäftsführung der Thomas Cook GmbH. Der Verkauf von neuen Reisen bleibt gestoppt.
Hoteliers in Urlaubsländern fürchten, dass sie auf unbezahlten Rechnungen sitzenbleiben und zudem künftig Urlauber wegbleiben. Das könnte für viele Unternehmer das Aus bedeuten. So schätzt der spanische Reiseunternehmerverband Exceltur allein den Schaden wegen offener Rechnungen von Thomas Cook auf mindestens 200 Millionen Euro. Griechische Verbände gehen davon aus, dass die Insolvenz den wichtigen Tourismussektor des Landes bis zu 500 Millionen Euro kosten könnte.
In Großbritannien gerät das Management des Pleitekonzerns in die Kritik. Sie haben trotz der sich verschlechternden Lage des Unternehmens Bonuszahlungen in Millionenhöhe erhalten. Laut BBC haben die Manager seit 2014 insgesamt 20 Millionen Pfund eingestrichen.