München – Ein Führungswechsel ist eine gute Gelegenheit für den Nachfolger, möglichst viele Lasten in einem Zeitraum abzuladen, für den man noch nicht allein verantwortlich ist. Oliver Zipse, der Mitte August und damit genau in der Mitte des dritten Quartals 2019 die Nachfolge von Harald Krüger als BMW Chef antrat, hat das nicht getan. Keine neuen besonderen Belastungen, keine rasch abgearbeiteten Altlasten, kein Gewinneinbruch, der dann die Zukunft rosiger aussehen lässt. „Wir liegen nach den ersten drei Quartalen auf Kurs, um unsere Ziele für das Gesamtjahr zu erreichen“, sagte Zipse und teilt sich damit eine positive Zahl mit dem Vorgänger Krüger. Das Ergebnis vor Steuern (EBT) stieg im dritten Quartal um 23,4 Prozent auf 2,25 Milliarden Euro.
Das allerdings klingt besser, als es ist. Die hohe Steigerung hat als Basis das grottenschlechte Vorjahresquartal. Von Juli bis September 2018 brach das EBT um 26,3 Prozent ein. So liegt der aktuelle Wert unter den 2,5 Milliarden, die im gleichen Zeitraum 2017 erwirtschaftet wurde.
Im Vergleich steht BMW nicht schlecht da. Anders als beim Rivalen Audi, der beim Absatz ein Minus hinnehmen musste, und bei Daimler, bei dem die Verkäufe stagnierten, nahmen die Auslieferungen des Münchner Konzerns im bisherigen Jahresverlauf zu. Um 1,7 Prozent auf 1,87 Millionen Autos. So ergibt sich für BMW, Mini und Rolls-Royce gemeinsam ein knapper Vorsprung von gut 50 000 Autos vor Mercedes und Smart. Beim Markenvergleich von BMW und Mercedes konnten die Münchner den Rückstand verringern. Sie liegen noch um knapp 125 000 hinter dem Erzrivalen aus Stuttgart.
Bei der Rendite ist ein seriöser Vergleich gar nicht möglich. Wegen der Rückstellung von 1,4 Milliarden Euro für ein EU-Kartellverfahren liegt BMW weit hinter dem selbstgesteckten Ziel von acht bis zehn Prozent vom Umsatz. 4,1 Prozent ist der Satz im bisherigen Jahresverlauf. Mercedes und die Audi-Konzernmutter VW haben sich Kartellstrafen durch Selbstanzeigen vom Leib gehalten.
Das geplante Sparprogramm von BMW am Personal, das bei Leiharbeit und Arbeitszeiten ansetzen soll, macht sich in den Zahlen noch nicht bemerkbar. Die Zahl der Mitarbeiter stieg seit Jahresanfang um 842 auf 135 524.
Die Erfolge beruhen vor allem auf den gewinnbringenden Luxusfahrzeugen und den ins Gerede geratenen SUVs. Sie bringen das Geld ein, das der Konzern in die Investitionen in Elektromobilität und autonomes Fahren stecken kann. Vom neuen, riesigen X7 wurden aus dem Stand 25 125 Stück verkauft. Doch auch in anderen Segmenten sind Stadtgeländewagen die Verkaufsschlager. Beim X3 wurde ein Absatzplus von 74 Prozent und beim X4 von 43 Prozent erreicht. Das gilt markenübergreifend. Auch bei Mini fällt das SUV Countryman mit Zuwächsen aus dem Rahmen. Der Trend macht auch vor dem Höchstpreissegment nicht halt: Wer bei Rolls-Royce für 321 300 Euro aufwärts den Luxuskraxler Cullinan bestellt, muss auf ihn mehrere Monate warten.
Doch auch im Zukunftsfeld der Elektromobilität sieht sich BMW zumindest in Deutschland mit 21 Prozent Anteil als Marktführer. Vom vollelektrischen i3 wurden inzwischen 160 000 Stück verkauft. Allerdings droht er, vom konzerneigenen Elektro-Mini geschlagen zu werden, der noch gegen Jahresende anläuft. 78 000 Interessenten wurden für ihn bisher registriert. Und nicht nur innerhalb des eigenen Konzerns wird der Pionier der batterielektrischen Kompaktautos attackiert. Mit dem VW ID.3 aus Zwickau ist ein Konkurrent am Start, der den Anspruch erhebt, den gesamten Markt aufzumischen.