BMW: Neues Zentrum für Batterieforschung

von Redaktion

BMW baut nun doch Batteriezellen: Im neuen Kompetenzzentrum in München will der Konzern lernen, die gesamte Wertschöpfungskette von der Rohstoffverarbeitung bis zum Recycling zu beherrschen.

VON MARTIN PREM

München – BMW-Chef Oliver Zipse sprach den Namen des US-Rivalen nicht aus. Doch Tesla schwebte gestern, einen Tag nach der spektakulären Ankündigung für eine Tesla-Fabrik bei Berlin, ungewollt über der Eröffnung eines neuen Münchner BMW-Forschungsstandorts. Nicht alle waren so zurückhaltend wie Zipse: „Das Timing hätte nicht besser sein können“, sagte Ministerpräsident Markus Söder. Denn hier in München-Milbertshofen fertigt BMW etwas, woran sich Elektro-Pionier Tesla noch nicht herantraut: Batteriezellen.

Im neuen „Kompetenzzentrum Batteriezelle“ entstehen in Hightech-Anlagen die Zellen, die zu Modulen und dann zu ganzen Batterien für elektrischen Vortrieb gebündelt werden. Sie werden hergestellt, aber nicht für den Alltagseinsatz. „Momentan ist eine Serienfertigung nicht notwendig“, sagte Zipse.

Aber warum investiert BMW 200 Millionen Euro in eine über 12 000 Quadratmeter große Halle, in der 200 Menschen arbeiten – um dann doch nichts in Serie zu bringen? Die Antwort in einfach: Um es zu beherrschen. Denn nur wer eine Technologie von A bis Z versteht, kann mit Lieferanten auf Augenhöhe verhandeln.

Das ist selbst bei Standard-Ausstattungen wie Sitzen erforderlich. Sitze baut BMW nur für einige Modelle in München selbst, um das Knowhow zu sichern. Die allermeisten werden zugekauft. Noch wichtiger ist das bei den Stromspeichern, die zu den Kernelementen der Elektromobilität zählen. BMW will sie selbst bis zur Serienreife entwickeln, dann aber von Lieferanten in Korea und China bauen lassen.

Was aber geschieht mit den Batteriezellen aus Münchner Produktion? Sie werden gequält. Unter anderem bei Temperaturen von minus 40 Grad bis plus 80 Grad. Dabei werden sie mit Stromstärken traktiert, die man einer Batterie im Alltag niemals zumuten dürfte. Laden und Entladen bis zum Abwinken. Und immer wieder müssen die Zellen auf den Untersuchungstisch.

Dort werden sie bis auf die Atomstrukturen analysiert, um zu sehen, welche Spuren die Extrembelastungen hinterlassen haben. Daraus wollen die Chemiker und Physiker, die BMW nun vermehrt braucht, Erkenntnisse gewinnen, wie man die Rezepturen für Batterien immer weiter verbessert – und für den Alltagseinsatz optimiert.

Denn die Batterietechnik für Autos steckt noch in den Kinderschuhen. Bei der Serienfertigung haben Samsung und andere Hersteller in Fernost die Nase vorn. Doch den Vorsprung erkämpften sie sich mit Batterien für Laptops oder Mobiltelefone. Diese Stromspeicher sind spätestens nach vier Jahren am Ende, und schon deutlich vorher liefern sie nur noch 60 bis 70 Prozent der Leistung.

Batterien für Autos sollen wenigstens acht Jahre halten – möglichst ohne spürbare Leistungseinbußen, wie Zipse erläutert. Im neuen Kompetenzzentrum will BMW auf- und – wenn möglich – überholen. Immer kompakter, immer leichter, immer billiger und auch haltbarer müssen Batteriezellen werden.

Und wiederverwertbar. Ein Großteil der Rohstoffe lassen sich am Lebensende der Zelle zurückgewinnen und neu einsetzen. Das ist auch notwendig. Denn bei den wichtigen Rohstoffen Lithium und vor allem Kobalt ist die Beschaffungssituation prekär.

Fast die Hälfte der globalen Kobalt-Reserven lagern im Kongo, wo Menschen das Mineral unter unwürdigen Bedingungen abbauen. BMW weicht aus: Bis 2025 kauft der Konzern in Marokko und Australien ein. Bis dahin will BMW mit anderen internationalen Partnern auch im Kongo Arbeitsbedingungen erreichen, die ethisch strengen Maßstäben genügen.

Auch für die Beschäftigten in Deutschland gibt es eine unerwartet gute Nachricht: Von 2000 neuen Arbeitsplätzen im größten europäischen BMW-Werk in Dingolfing sprach gestern der dortige Betriebsratsvorsitzende Stefan Schmid. Zunächst sollen dafür vor allem Beschäftigte umgeschult werden, deren bisherige Aufgabe wegfällt. Doch ab 2021, wenn in Dingolfing der futuristische iNext vom Band läuft, sei, so Schmid gegenüber unserer Zeitung, sogar Personalaufbau vereinbart.

Der iNext wird mit Lithium-Ionen Batterien an den Start gehen mit Zellen, die aus Korea oder China kommen. Doch längst arbeitet die gesamte Industrie an künftigen Feststoffbatterien. Und BMW arbeitet daran, den fernöstlichen Vorsprung beim Produktions-Know-how aufzuholen – was für eine Serienfertigung in Deutschland Voraussetzung wäre. CSU-Ministerpräsident Söder hat da sehr ehrgeizige Vorstellungen. Er sprach bei der gestrigen Eröffnung von einer „neuen Dreifaltigkeit“ aus „Bayern, Batterie und BMW“.

Artikel 3 von 3