Großkampftag Dienstag, 17. Dezember

von Redaktion

Es herrscht so etwas wie die Ruhe vor dem Sturm an diesem Tag. Doch mit jedem Tag werden jetzt mehr Päckchen und Pakete im Verteilzentrum in Aschheim (Landkreis München) an- und ausgeliefert – jedes Paket, das in Oberbayern verschickt wird oder ankommt, muss hier durch. 10 000 zusätzliche Arbeitskräfte stellt die Post bundesweit ein, um dem Ansturm Herr zu werden. Der Höhepunkt der weihnachtlichen Geschenkeflut steht auch schon fest: Heuer wird es Dienstag, der 17. Dezember, sein – der Tag, an dem die meisten Pakete in Deutschland umgeschlagen werden. Bis zu 550 000 werden es allein in Aschheim sein. Thomas Schneider kommt des Öfteren hier vorbei. Er ist in der Bonner Zentrale für die 36 Paket- und 82 Briefzentren bundesweit verantwortlich. Wir sprachen mit ihm über die Folgen des Online-Handels, Extra-Kosten für Premium-Service – und erstaunlich viele Briefe.

Das Weihnachtsgeschäft geht in die heiße Phase. Die Branche rechnet mit 355 Millionen Paketen. Wie viele davon laufen über die Deutsche Post?

Wir haben einen Marktanteil von 46 Prozent. In der Spitze rechnen wir in der Vorweihnachtszeit mit 11 Millionen Paketen am Tag.

Die Zahl der Pakete ist in den vergangenen zehn Jahren um 60 Prozent gestiegen. Sehen Sie schon die Grenzen des Wachstums?

Wir haben jedes Jahr ein Plus von sechs bis acht Prozent. Das wird auf absehbare Zeit auch so weitergehen. Der Online-Handel macht ja aktuell erst etwa zehn Prozent des gesamten Warenstroms aus. Da ist schon noch Luft nach oben.

Die Probleme nehmen zu, zum Beispiel bei der Zustellung in den Städten.

Wenn Sie den Klimaschutz ansprechen, wir tun da eine ganze Menge, zum Beispiel durch unsere elektrischen Streetscooter. Wir werden immer mehr in klimaschonende Fahrzeuge investieren. Übrigens: Wenn man sich den CO2-Fußabdruck eines Paketes ansieht, kann man schon heute feststellen, dass er drei Kilometern Fahrt mit einem privaten Auto entspricht. Fraglich, ob man eine Ware mit dem eigenen Auto klimaschonender beschaffen kann.

Ein anderes Problem ist der Lieferverkehr in den Städten. Wie lässt sich der reduzieren?

Eine Möglichkeit, den Verkehr zu entzerren, sind zum Beispiel Packstationen. Wir stocken gerade deren Zahl massiv auf. Derzeit haben wir schon 4200, im Jahr 2021 werden es 7000 sein. Der Vorteil dieser Stationen ist, dass man eine große Zahl an Paketen dort lagern kann und die Kunden sie ohne Umweg und zu jeder Zeit nah ihrem Wohnort oder ihrer Arbeitsstelle abholen können. Anders als es manchmal scheint, macht der Paketzustellverkehr in Städten im Übrigen nur einen geringen einstelligen Prozentbereich aus.

Will denn der Kunde seine Pakete selbst abholen?

Die Packstationen werden sehr gut angenommen. Dieses Netz entwickelt sich für uns zum echten Wettbewerbsvorteil. Sie können ja 24 Stunden an sieben Tagen die Woche dort Ihr Paket abholen – und auch wieder zurücksenden, wenn Sie wollen. Das ist schon praktisch für viele. Praktischer, als wenn das Paket in einer Filiale liegt oder beim Nachbarn, der gerade ins Wochenende verreist ist. Was die Bequemlichkeit angeht, ist natürlich die erfolgreiche Haustürzustellung kaum zu toppen.

Da liegt es doch nahe, sich diese Lieferung an die Haustür als Premiumservice extra bezahlen zu lassen. Denkt die Post darüber nach?

Nein. Wir verzichten darauf, anders als viele Wettbewerber, Zuschläge in besonders sendungsstarken Zeiten zu erheben. Die Haustürzustellung zählen wir zu unseren Basisleistungen.

In der Branche wird derzeit allerlei getestet, um die Zustellung auf der letzten Meile zum Kunden zu verbessern. Worauf setzen Sie?

Neben den Packstationen bieten wir die Möglichkeit, das Paket bei einem Wunschnachbarn oder an einem Wunschort abzugeben. Das machen schon über sieben Millionen unserer Kunden und das wird noch sehr viel stärker werden. Wir bieten auch einen „Wunschtag“ an. Wenn der Kunde sagt, er ist nur montags daheim, dann kommt seine Sendung eben am Montag.

Die Deutsche Post hat soeben ein großes Investitionsprogramm angekündigt. Zwei Milliarden Euro für Digitalisierung. Was ist da geplant?

Zum Beispiel rollen wir gerade die „just in time“-Lieferung aus. Wir nennen das Projekt Ontrack. Das bedeutet, dass Sie morgens auf eine Stunde genau sehen können, wann Ihr Paket bei Ihnen ankommen wird.

Wie funktioniert das?

Jeder Paketbote hat cirka 200 Pakete dabei. Ontrack beginnt damit, dass morgens ausgerechnet wird, in welcher Folge der Fahrer durch seinen Zustellbezirk fahren soll. Dann wissen wir auch ziemlich genau, wann er wo ist, und der Kunde kann das über die Sendungsverfolgung ebenfalls online nachvollziehen. Er sieht auch, wie viele Stopps der Fahrer noch hat, bevor er ankommt. Derzeit läuft die Testphase, im nächsten Jahr werden wir das flächendeckend einführen.

Was könnten denn die Städte beitragen? Es gäbe ja auch die Möglichkeit, am Stadtrand Depots zu schaffen, und in die Stadtmitte dürfte dann nur ein Zustellunternehmen – und nicht fünf.

Das ist tatsächlich Sache der Kommunen. Sie könnten zum Beispiel bevorzugte Halte- und Parkmöglichkeiten für Elektrofahrzeuge schaffen. Und generell versuchen, die sogenannte letzte Meile zum Kunden CO2-frei gestalten, um die Luftbelastung in Innenstädten zu vermindern. Das ist der Weg, auf den wir setzen.

Die Post wäre da mit ihren Streetscootern gut im Rennen. Wie viele haben Sie denn schon?

11 000, davon 400 allein in Oberbayern. Nach unserer Kenntnis wird jede dritte Ladesäule in Deutschland von der Deutschen Post betrieben. Wir investieren massiv in die Elektromobilität. Unsere Größe als Marktführer erlaubt es uns auch, die Elektro-Flotte gut auszulasten. Wenn unsere Zusteller morgens losfahren, sind ihre Fahrzeuge voll.

Anders als im Paketgeschäft geht es im Briefgeschäft abwärts.

Es stimmt, was beim Paket der Segen, ist beim Brief der Regen. Aber wir haben immer noch 57 Millionen Briefsendungen pro Tag. Mehr als zehnmal so viele wie Pakete.

Wer schreibt denn in E-Mail-Zeiten all diese Briefe?

86 Prozent sind Geschäftskundenpost. Versicherungen, Banken, der öffentliche Sektor, Werbesendungen. Den kleineren Teil der Briefe schreiben Privatleute.

Das wird mit der Digitalisierung immer weniger werden.

Wir verlieren zwei bis drei Prozentpunkte pro Jahr. Es wird also noch eine Weile dauern, bis der letzte Brief geschrieben wird.

Die Post hat unlängst das Porto erhöht. Worauf müssen sich Briefkunden noch einstellen?

Zunächst: 80 Cent für den Standardbrief bei Zustellung an sechs Tagen sind im europaweiten Vergleich sehr moderat. Im Schnitt kostet der in Europa 97 Cent. Bei fünf Tagen Zustellung. Zum anderen: Die Höhe des Portos müssen wir uns ja genehmigen lassen und damit bleibt es für drei Jahre stabil.

Viele haben den Verdacht, dass montags heimlich, still und leise ohnehin schon keine Post mehr kommt.

Natürlich liefern wir montags Post aus. Nur: Es kommt einfach nicht besonders viel Post am Montag, weil Geschäftspost, die ja den allergrößten Teil ausmacht, freitags verschickt und samstags in aller Regel zugestellt wird. Am Wochenende versenden Unternehmen und Behörden normalerweise keine Briefe, deshalb kommen am Montag auch kaum welche. Etwa zwei Prozent des Wochenaufkommens fällt auf einen Montag.

Also würden Sie am liebsten doch die Zustellung an Montagen beenden?

Die Zustellung an sechs Wochentagen ist gesetzlich festgelegt und daran halten wir uns. Momentan gibt es allerdings eine Initiative aus der Politik, das Postgesetz erstmals seit 20 Jahren zu überprüfen. In diesem Zusammenhang gibt es auch den Vorschlag, eventuell nur noch fünf Tage Zustellung verbindlich festzulegen.

Ein Vorschlag, den die Post unterstützen würde?

Das müssen wir sehen. Aber die Marktregulierung schreibt uns vor, eine effiziente, kostendeckende Zustellung flächendeckend zu gewährleisten. Dafür spielt die Anzahl der Zustelltage natürlich eine Rolle. Interview: Corinna Maier

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