Nürnberg – Spielwarenhändler und -hersteller sprechen um diese Jahreszeit oft nur vom Geschäft. 40 Prozent ihres Umsatzes macht die Branche im November und Dezember. Weil auf deutsche Verbraucher Verlass ist, rechnet der Handelsverband Spielwaren (BVS) auch dieses Jahr mit rund drei Prozent Umsatzplus auf 3,4 Milliarden Euro – ähnliche Zuwächse wie im Vorjahr. Was die Branche auch umtreibt, ist Nachhaltigkeit. „Der Greta-Thunberg-Effekt ist in der Spielwarenindustrie angekommen“, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie (DVSI), Ulrich Brobeil in Anspielung auf die schwedische Umweltaktivistin. Das Gros der DVSI-Hersteller sei überzeugt, dass ökologische Nachhaltigkeit künftig über Verkaufserfolge mitentscheide. Für eine Branche, deren Waren zu 70 Prozent aus China kommen, ist das ein anspruchsvolles Vorhaben, räumen Brobeil und BVS-Chef Steffen Kahnt ein. Beginnen will man bei der Verpackung. „Es wird weniger und leichter zu öffnen“, sagt Kahnt. „Brobeil denkt an Recyclingfähigkeit oder energiearme Produktion. Deutsche Hersteller fertigen im internationalen Vergleich noch häufig in Europa, Playmobil als Branchengröße etwa fertigt fast ausschließlich innerhalb der EU.
Beide Verbände räumen ein, dass es Verbesserungsbedarf gebe. Der Spielwarenreport 2019 der Christlichen Initiative Romero (CIR) ist deutlich: Keine von fünf untersuchten chinesischen Fabriken, die unter anderem für Disney, Mattel und Lego fertigen, habe einen existenzsichernden Lohn gezahlt. Monatlich mussten zwischen 60 und 126 Überstunden geschoben werden, obwohl China maximal 36 erlaubt. Prekär seien auch die Zustände in Unterkünften mit bis zu 15 Arbeiterinnen pro Zimmer. Dagegen haben sich Handel, Industrie und CIR nun zusammengeschlossen. Angedacht sei ein Sozial- und Ökosiegel für Spielwaren.
Dieses Jahr im Weihnachtsgeschäft müssen Verbraucher noch ohne Siegel einkaufen gehen. Vor allem klassisches Spielzeug ist gefragt. So erleben Gesellschaftsspiele seit fünf Jahren einen Höhenflug. Um gut 40 Prozent hat der Absatz zugelegt. Spiele und Puzzles seien die wichtigste Warengruppe im Weihnachtsgeschäft, jubiliert der Vorsitzende des Verbands Spieleverlage, Hermann Hutter. Brett- und Kartenspiele seien ein Gegenmittel zur allgemeinen Digitalisierung. Die gibt es aber auch bei Spielwaren. Kuscheltiere, mit denen Kinder sprechen können und die ferngesteuert werden, kämen gut an, sagt Kahnt. Marktforscher Joachim Stempfle schwärmt von Tonieboxen. Das sind Minilautsprecher, auf die kleine Figuren gesetzt werden. In ihnen sind Hörspiele gespeichert, die bei Kontakt mit der Box per Lautsprecher erzählt werden. Dabei ist der Hersteller in diesem Fall keine bekannte Marke, sondern ein kleines Spielwaren-Start-up aus Deutschland.