AMS schluckt Osram

von Redaktion

Nach wenigen Jahren der Selbstständigkeit wird Osram von einem österreichischen Sensorhersteller übernommen. Der ist wesentlich kleiner als das Münchner Unternehmen – und hoch verschuldet.

VON CARSTEN HOEFER

München/Premstätten – Im zweiten Anlauf ist dem österreichischen Elektronikunternehmen AMS die erhoffte Übernahme von Osram geglückt. Mehr als 55 Prozent der Aktionäre des Münchner Beleuchtungsherstellers haben das Übernahmeangebot von 41 Euro je Aktie angenommen, wie AMS am Freitagabend in Premstätten mitteilte. Die beim Osram-Management zunächst nicht willkommenen Österreicher haben damit ihre selbst gesetzte Schwelle erreicht.

IG Metall und Osram-Betriebsrat, die eine Zerschlagung des über 110 Jahre alten Traditionsunternehmens fürchten, haben vergeblich Widerstand geleistet. AMS wächst zwar rasant, ist aber hoch verschuldet und will die Übernahme mit Milliardenkrediten und der Ausgabe neuer Aktien finanzieren.

Damit ist ein monatelanges Übernahmedrama um eines der bekanntesten deutschen Industrieunternehmen vorerst beendet. Allerdings steht die Zustimmung der Behörden noch aus. AMS-Chef Alexander Everke sicherte dem Osram-Management „und allen Stakeholdern“ enge Zusammenarbeit zu. Der ehemalige Siemens-Manager hatte mit Osram-Chef Olaf Berlien eine Werbekampagne bei den Aktionären gestartet.

Everke hat ehrgeizige Pläne: Der AMS-Chef will einen europäischen Weltchampion in der Optoelektronik schaffen. Die Produkte von AMS und Osram ergänzen sich. Osram stellt LED-Beleuchtung her, AMS optische Sensoren, in Teilen für identische Kundengruppen, darunter Handyhersteller. „Nun gilt es, gemeinsam mit AMS einen Photonik- und Sensorik-Champion von Weltrang auf den Weg zu bringen“, sagte Berlien.

AMS hat zugesagt, bis 2022 niemanden bei Osram fusionsbedingt zu entlassen. Die deutschen Standorte sollen sogar gestärkt werden. „Gemeinsam und im Dialog mit den Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern werden der Osram- und AMS-Vorstand nun einen tragfähigen Integrationsfahrplan auf Augenhöhe vorbereiten“, hieß es in der Osram-Mitteilung.

IG Metall und Osram-Konzernbetriebsrat waren bis zuletzt nicht überzeugt. Grund ist die Finanzierung: AMS ist erheblich kleiner als Osram, und um die Münchner übernehmen zu können, will AMS ungeachtet einer jetzt schon hohen langfristigen Verschuldung in Milliardenhöhe weitere Kredite in Höhe von knapp 3,9 Milliarden Euro aufnehmen. Deswegen fürchten die Arbeitnehmervertreter eine Zerschlagung Osrams, bei der die weltweit 24 000 Osram-Mitarbeiter die Zeche zahlen würden.

Osram ist in einer schwierigen Lage. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat das Unternehmen einen dreistelligen Millionenverlust eingefahren. Die Elektronikbranche steckt weltweit im Abschwung. Eine Hauptursache sind die nachlassenden Produktions- und Verkaufszahlen von Autoindustrie und Smartphoneherstellern.

Osram-Vorstand und Aufsichtsrat hatten ursprünglich eine Übernahme durch US-Finanzinvestoren befürwortet, die zwei Interessenten Bain Capital und Carlyle hatten jedoch im Laufe der Bieterschlacht aufgegeben. Wegen des rasanten technologischen Wandels in der Beleuchtungsbranche sind nach Einschätzung der Osram-Führungsetage permanente Investitionen notwendig. Ohne einen Geldgeber würde Osram aber nach den hohen Verlusten des vergangenen Geschäftsjahrs das Kapital fehlen, um zu investieren.

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