Der Kampf gegen den Klimawandel hat zurzeit höchste Priorität und erfasst immer mehr Bereiche. Aktuell liegt der Fokus auf der europäischen Finanz- und Geldpolitik. Zentralbanken, Finanzmärkte und öffentliche Haushalte sollen im Kampf gegen den Klimawandel ihren Beitrag leisten. Dabei stellt sich die Frage, ob das richtige Ziel mit den richtigen Mitteln angegangen wird. Vier Kernbereiche kristallisieren sich heraus, bergen erhebliche Risiken und können nicht nur zu starken Veränderungen, sondern auch zu Brüchen in der Wirtschaft sowie auf den Märkten führen.
Die Förderbanken wollen zukünftig primär umweltfreundliche Projekte fördern. So beendet die Europäische Investitionsbank (EIB) ab 2021 die Finanzierung fossiler Energieprojekte. Damit wird dann z. B. die Förderung eines polnischen Kohlekraftwerks mit neuen Filteranlagen unmöglich. CO2-Minderung wird verhindert und wirtschaftliche Brüche werden gefördert statt abgefedert.
Die Zentralbanken werden politisiert und verstärkt im Kampf gegen den Klimawandel instrumentalisiert. Das bisherige Mandat der Geldwertstabilität und Marktneutralität droht aufgegeben zu werden. Wirtschaftswachstum und Arbeitsmarktentwicklung waren bisher zu Recht nicht im Fokus. Jetzt gibt es Stimmen, die fordern, dass die EZB ihre Investitionen von ca. 20 Mrd. Euro im Monat verstärkt für den Kauf von grünen Anleihen nutzt. Die Marktneutralität geht verloren, die Zentralbanken werden weiteren politischen Strömungen ausgesetzt, mit entsprechenden Verzerrungen am Markt. Die Unabhängigkeit der Zentralbanken und die notwendige Trennung von Politik und Geldpolitik werden aufgegeben. Ist der Einstieg der Politisierung mit dem Kampf gegen den Klimawandel einmal gemacht, werden schnell weitere Themen folgen.
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) droht weiter ausgehöhlt zu werden. Der neue zuständige italienische EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung, Paolo Gentiloni, hat bereits eine Überarbeitung angekündigt. Um den Mitgliedsstaaten den Green Deal schmackhaft zu machen, könnten nationale Investitionen in die ESG-Ziele (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) aus den Defiziten herausgerechnet werden. Die Verschuldungsspirale der Staaten würde wieder nach oben gehen und die gemeinsame Währung aufgeweicht werden. Fehlinvestitionen sind bereits absehbar. Die schwarze Null, die von SPD, Grünen und Linken schon heute bekämpft wird, ist mit dieser Argumentation in Deutschland gefährdet.
Die ESG-Ziele sollen auch in die Regulierung von Banken und Kapitalmärkten einbezogen werden. Auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene wird mit Hochdruck an Vorgaben gearbeitet. NGOs und Umweltverbände nehmen vermehrt Einfluss und die Regulierung wird zunehmend politisiert. Es stellt sich immer weniger die Frage, ob das Risiko von Krediten bzw. Investments hoch oder niedrig ist, sondern ob sie gut oder böse sind. Blasenbildungen wie 2008 werden damit immer wahrscheinlicher. Zukünftig müssten alle Unternehmen ein grünes Rating vorlegen, um gute Finanzierungkonditionen zu erhalten. Die Folgen bekommen die Unternehmen dann mit einer erschwerten Kreditversorgung zu spüren. Das Finanzsystem, der Blutkreislauf der Wirtschaft, färbt sich grün und erstaunlicherweise applaudieren große Finanzinstitute zu dieser Entwicklung. In ihrer Kurzsichtigkeit fordern einige Finanzmarktteilnehmer nach wie vor Eigenkapitalreduzierung auf grüne Produkte, als wären diese automatisch risikoärmer. Der Konkurs von Prokon oder einigen Solarherstellern hätte folglich nie passieren dürfen. Das richtige Ziel wird mit den falschen Mitteln verfolgt. Transparenz und Eckpunkte sind wichtig, wie es vergleichbar im Lebensmittelbereich der Fall ist, um der verstärkten Nachfrage nach ESG-Investitionen zu begegnen. Die Politik sollte jedoch nur den Rahmen setzen und den Markt dann seine eigene Dynamik entwickeln lassen, um so Innovationen zu fördern und die Marktkräfte zu nutzen. Es ist bereits absehbar, dass die Entwicklung über eine starke Regulierung die Finanzmärkte noch stärker bürokratisieren wird und eine Blasenbildung wahrscheinlicher macht. Der aktuelle Hype um den Klimawandel darf nicht dazu führen, ordnungspolitische Grundsätze aufzugeben, sonst ist ein Crash, wie bei der Subprime-Krise 2008, die Folge. Gute Ziele allein reichen nicht, es kommt auf den richtigen Weg an.
*Alexander Radwan (CSU) vertritt die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen und MIesbach im Deutschen Bundestag