München – Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Dieses Bonmot bewahrheitete sich im vergangenen Jahr wieder einmal. Da nämlich waren die volkswirtschaftlichen Ausblicke – zu Recht, wie sich zeigte – von einer gewissen Skepsis geprägt. Insofern war zu erwarten, dass sich auch Aktien und andere risikobehaftete Anlagen eher schwach entwickeln. Tatsächlich aber klaffte beides weit auseinander. Schließlich legte der deutsche Leitindex Dax in den vergangenen zwölf Monaten bis Ende Dezember 2019 fast 23 Prozent zu.
Geldpolitik
Entscheidend dafür, dass sich die Finanz- und Kapitalmärkte trotzdem so gut entwickelten, war nach Ansicht aller Experten die Geldpolitik mit Null- und Negativzinsen in Europa. Diese expansive Geldpolitik habe zu günstigeren Finanzierungsbedingungen geführt und risikoreiche Anlagen unterstützt, so die Volkswirte von M.M. Warburg.
Kurs-Gewinn-Relation
Die gute Kursentwicklung ist umso erstaunlicher, da zugleich die Unternehmenserträge schwach ausfielen. Nach Berechnungen der DZ Bank sind die Gewinne der Dax-Konzerne in 2019 um fünf Prozent gefallen, bei den Mitgliedern des EuroStoxx 50 stagnierten sie und beim S&P 500 gab es ein minimales Wachstum um 1,2 Prozent. Die gestiegenen Aktienkurse haben sich folglich in höheren Bewertungen niedergeschlagen. So beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis für den Dax laut der DZ Bank derzeit rund 15,8 und für den S&P 500 19,6. Das liegt ein gutes Stück über dem historischen Durchschnitt. Das heißt, dass viele positive Erwartungen in den Kursen bereits eingepreist sein dürften. Und damit die künftigen Renditeerwartungen eher niedriger ausfallen.
Liquidität
Dennoch sind die Ausblicke für den Aktienmarkt 2020 optimistisch. „Die Chancen für ein weiteres gutes Aktienjahr stehen gut“, sagt zum Beispiel Adrian Röstel von der Vermögensverwaltung Huber, Reuss und Kollegen. Zum einen werde sich an der Liquiditätsflut durch die Notenbanken und deren Niedrigzinspolitik nämlich nichts ändern. „Und dadurch bleibt die Attraktivität von Aktien gegenüber anderen Anlageklassen erhalten.“ Zum anderen dürften fiskalpolitische Programme in Form von Infrastrukturprogrammen oder Steuersenkungen hinzukommen, die zusätzlich stimulierend wirken. Ähnlich beurteilt das Burkhard Wagner, Partners VermögensManagement AG in München. „Ein Grund für Optimismus sind in der Tat die unverändert niedrigen Geldmarktzinsen“, sagt er. Schließlich bleiben dadurch Anlagealternativen wie das Sparbuch oder andere Bankeinlagen unattraktiv.
Dividendenrenditen
Dagegen verspricht zum Beispiel der Dax für das kommende Jahr eine Dividendenrendite von 3,2 Prozent. Allerdings werden nur starke Gewinnsteigerungen der Unternehmen, für die es wiederum eine konjunkturelle Erholung braucht, die derzeit nicht mehr ganz günstigen Bewertungen rechtfertigen können. So erwarten die Analysten laut der DZ Bank im Schnitt Gewinnsteigerungen bei den Dax-Konzernen in Höhe von 12,9 Prozent im kommenden Jahr. Beim EuroStoxx 50 sollen es 10,5 Prozent und beim S&P 500 rund neun Prozent sein. Mit anderen Worten: Fällt die Erholung aus und kommt es überraschend zu einer Rezession, dann wäre mit starken Kursverlusten zu rechnen. Das Gleiche gilt für risikoreichere festverzinsliche Wertpapiere wie Unternehmensanleihen oder für den Immobilienmarkt.
Konjunktur
Von einem Einbruch bei der Konjunktur geht derzeit jedoch kein Experte aus. Dass es nun an den Kapitalmärkten steil nach oben geht, sollten Anleger aber auch nicht erwarten. „Vielmehr ist erneut mit verstärkt schwankenden Kursen an den Kapitalmärkten zu rechnen“, so Wagner.
Strategien
Angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen sind Bankeinlagen allerdings auch keine Lösung. Um die Risiken im Anlageportfolio zu reduzieren, raten Experten deshalb, dieses möglichst breit zu diversifizieren. Anleger sollten, ausgehend von ihrer Risikobereitschaft und ihrem Anlagehorizont, eine Aktienquote festlegen und diesen Aktienanteil dann global und über Branchen hinweg breit gestreut investieren und nicht allein in den deutschen Aktienmarkt.
Dazu empfiehlt es sich, andere Anlageklassen wie Immobilien, Gold oder sichere Staatsanleihen beizumischen, die im Krisenfall einen gewissen Schutz bieten können. Wer so vorgeht, der kann von einem positiven Aktienjahr profitieren, ohne dabei ganz auf eine Absicherung verzichten zu müssen.