München – Die Botschaft ist kurz, aber sie hat es in sich. „Wir haben es geschafft“, hat das Münchner ElektrautoStart-up Sono Motors in der Nacht auf Sonntag verkündet. Zwei Tage vor Ablauf einer letzten Frist am 20. Januar für eine ungewöhnliche Geldsammelaktion sind benötigte 50 Millionen Euro zusammengekommen. Ohne diese Summe wäre das ambitionierte Vorhaben, ein mit Solarzellen bestücktes Elektroauto in Serie zu bauen, beendet gewesen.
So etwas wie Geschichte geschrieben haben Sono-Gründer und Unterstützer, weil damit zum einen die weltweit größte Summe per Internet eingesammelt wurde, um die zumindest in letzter Zeit geworben wurde. Zum anderen ist wohl noch nie auf diese Weise die Entwicklung eines Autos finanziert worden.
Die Sono-Macher hatten sich zuvor in einer kritischen Phase des Unternehmens mit traditionellen Investoren zerstritten, weil die den visionären Kurs der beiden Gründer Jona Christians und Laurin Hahn nicht mitgehen wollten. Das Duo pocht darauf, den Sion unter strikt nachhaltigen Kriterien in Europa zu bauen und nur Zulieferer zuzulassen, die sich Nachhaltigkeitskriterien verpflichten. Die Geldgeber in spe hatten dagegen eine möglichst billige Produktion verlangt. Zwei Welten waren aufeinandergeprallt – mit Renditeinteressen traditioneller Investoren auf der einen Seite und dem Öko-Ziel, ein selbst ladendes Elektroauto zu bauen, das den Verkehr reduziert, auf der anderen Seite. Weil Hahn und Christians dabei auch vier Jahre nach Sono-Gründung recht kompromisslos geblieben sind, stand das Unternehmen Ende 2019 plötzlich ohne Investoren da. 50 Millionen Euro mussten schnell her, um Gerätschaft für die geplante Serienproduktion im schwedischen Trollhättan zu kaufen und Serien-Prototypen zu bauen. Gestartet wurde die Crowdfunding-Kampagne im Internet. Möglichst viele der 11 600 Vorbesteller des Sion sollten dazu gebracht werden, ihr 25 500 Euro teueres Elektroauto voll vorab zu bezahlen. Ein gewagtes Vorhaben. Doch Sion-Käufer sind nicht mit denen von VW & Co. zu vergleichen, sondern eher mit denen des US-Elektropioniers Tesla. Was Unternehmen und Kunden verbindet ist auch eine Idee.
Dennoch wären die 50 Millionen Euro nicht erreicht worden, hätten zwei Sono-Altaktionäre nicht noch einmal zehn Millionen Euro nachgeschossen. Das haben die Beteiligungsfirma WiVenture und das Familien-Office ELFH Holding in den letzten Tagen getan. Gut 40 Millionen Euro haben Sion-Kunden beigesteuert, die so zu Sono-Investoren geworden sind.
Dafür haben Hahn und Christians sich im Gegenzug verpflichtet, ihre Gewinnbezugsrechte komplett an einen Pool abzutreten, aus dem jetzige Unterstützer schöpfen können, sobald Sono profitabel wird. Bis dahin ist trotz des jetzigen Finanzierungserfolgs noch ein langer Weg. Denn um die Serienfertigung wie geplant im Herbst 2021 in den ehemaligen Saab-Werken von Trollhättan starten zu können, ist eine weitere Anschlussfinanzierung über 205 Millionen Euro nötig. Die jungen Gründer sind zuversichtlich: Mit Banken stehe man bereits in vielversprechenden Verhandlungen. Zudem hoffen die Sono-Chefs nun auf neue Investoren, die vom Erfolg der Crowdfunding-Kampagne angelockt werden. Vor allem kalkulieren die Jungunternehmer aber mit dem Verkauf sogenannter CO2-Zertifikate. Diese moderne Handelsware entsteht bei reinen Elektroautoherstellern wie Sono, weil seine Autos ausschließlich schadstofffrei unterwegs sind. Verkauft werden können Zertifikate an traditionelle Autobauer, die ihre Schadstoffgrenzwerte beim Flottenverbrauch überschreiten würden und dann hohe Strafzahlungen an die EU leisten müssten. Allein dadurch winkt Sono eine dreistellige Millionensumme.
Die Gelder der privaten Unterstützer werden nach dem Erreichen der 50-Millionen Euro-Schwelle wie angekündigt nun abgebucht. Floppt das Vorhaben in einem späteren Stadium, droht Anlegern der Verlust ihres Einsatzes. Andererseits haben die Jungunternehmer nun bewiesen, dass ökologisch orientierte Überzeugungstäter im Internet einiges an Geld für eine Idee mobilisieren können.