Frankfurt – Der Jubel in Frankfurt und Warschau kannte am vergangenen Freitag kaum Grenzen, doch die wirkliche Bewährungsprobe steht dem Ferienflieger Condor noch bevor. Als neuer Teil des polnischen LOT-Mutterkonzerns PGL treten die Frankfurter in verschärfte Konkurrenz mit dem mitteleuropäischen Platzhirsch Lufthansa. Der Kampf um zahlungskräftige Fernreisende wird sich nach Meinung von Experten verschärfen. Auch das Binnenverhältnis zwischen den in der Star Alliance verbundenen Airlines Lufthansa und LOT könnte sich eintrüben.
„Condor wird nicht nur überleben, sondern stark wachsen“, hatte LOT-Chef Rafal Milczarski nach Vertragsunterschrift den knapp 5000 Beschäftigten des Ferienfliegers versprochen. Bis zu 20 neue Langstreckenflugzeuge in zwei bis drei Jahren, fast alle Jobs gesichert von einem europäischen Investor aus der Branche. Es stellt sich aber die Frage nach dem betriebswirtschaftlichen Sinn des Deals: Branchengerüchten zufolge müssen die Polen rund 600 Millionen Euro für Condor auf den Tisch legen. Die Ablösung des 380 Millionen Euro schweren Überbrückungskredits scheint damit abgesichert zu sein, nicht aber die Modernisierung der stark angegrauten Langstreckenflotte der Condor. „Eine Umflottung kostet weiteren Cash, und der kann nur vom neuen Eigentümer kommen“, sagt Gerald Wissel von der Beratungsgesellschaft Airborne.
Bislang galt die LOT nicht als besonders profitabel, sodass nach Einschätzung des Experten der polnische Staat auch hier finanzieren müsste. „Da stellt sich schon die Frage, ob das europarechtlich noch zulässige Beihilfen wären.“ „Ein starkes Engagement des polnischen Staates dürfte sicherlich zu Diskussionen mit der EU-Kommission führen“, erwartet auch Gerd Pontius von der Beratungsgesellschaft Prologis.
Condor hat im schwierigen Nischenmarkt Touristik zuletzt einen operativen Gewinn von 57 Millionen Euro eingeflogen und war damit deutlich profitabler als Konkurrent Eurowings aus dem Hause Lufthansa. Lufthansa plant daher eine organisatorische Neuaufstellung der Touristen-Langstrecke und greift Condor zunächst mit elf Flugzeugen an den Drehkreuzen Frankfurt, München und Düsseldorf an. Die Ziele in Übersee werden sich künftig häufiger überschneiden, heißt es bei der Lufthansa mit Blick auf den Sommerflugplan.