„In guten wie in schlechten Zeiten eng beieinander“

von Redaktion

Das Coronavirus sorgt für Nervosität – auch an den weltweiten Finanzmärkten. Über die möglichen Auswirkungen für Deutschland sprach unser Korrespondent Stefan Vetter mit Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.

Die Bundesregierung erwartet in diesem Jahr ein Wachstum von 1,1 Prozent. Kann das Virus diese Rechnung durchkreuzen?

Ja. Das Coronavirus ist durchaus eine Gefahr für Wachstum, Exporte und Arbeitsplätze in Deutschland.

Ist das gewissermaßen der Fluch der Globalisierung?

Wenn man so will, ja. Durch die Globalisierung verbreitet sich das Virus sehr schnell. Die Menschen reisen viel mehr als früher, die wirtschaftliche Abhängigkeit wächst. Gerade für Deutschland darf man aber auch die Vorteile der Globalisierung nicht unterschlagen. Durch unsere offene Volkswirtschaft profitieren wir sehr stark vom Wachstum anderer Länder, insbesondere Chinas. In guten wie in schlechten Zeiten ist man also eng beieinander.

Wie stark ist die deutsche Wirtschaft mit dem chinesischen Markt verbunden?

China ist der größte Handelspartner Deutschlands. Weil Menschen in China jetzt weniger konsumieren, bricht zwangsläufig die Nachfrage ein. Das trifft vor allem deutsche Automobilhersteller, die gut ein Drittel ihrer Profite in China machen. Umgekehrt beziehen viele deutsche Unternehmen Vorleistungen aus China. Also kann es auch bei uns zu Produktionsengpässen kommen. Das heißt, die globalen Wertschöpfungsketten werden unterbrochen. Es gibt aber noch einen dritten Punkt.

Und der wäre?

Das ist die enorme Unsicherheit. Deshalb auch die sehr nervösen Reaktionen der Finanzmärkte. Und das ist natürlich auch Gift für die Wirtschaft. Ich rechne damit, dass China ein großes Investitionsprogramm auflegt, also die Ausgaben erhöht, um die Wirtschaft zu stützen. Damit ließe sich der Schaden allerdings nicht beheben, sondern nur begrenzen.

Interview: Stefan Vetter

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