Berlin – Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zur Abfallvermeidung im Handel beschlossen. Nach Angaben der Bundesregierung billigte das Kabinett am Mittwoch einen von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) vorgelegten Entwurf zur Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie und zur entsprechenden Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.
Demnach soll unter anderem eine sogenannte Obhutspflicht für den Umgang mit Retouren und nicht verkaufter Neuware festgeschrieben werden. „Auf dem Weg hin zu weniger Abfall und mehr Recycling“ nehme die Gesetzesnovelle „den Bund, aber auch Hersteller und Händler stärker als bisher in die Verantwortung“, erklärte Schulze. Sie hatte im Vorfeld der Kabinettssitzung eine „Wegwerfmentalität“ speziell im Onlinehandel kritisiert.
Produzenten und Händler sind demnach künftig in Deutschland verpflichtet, Retouren und Überhangware gebrauchsfähig zu halten und nur in Ausnahmefällen zu vernichten – wenn etwa von Produkten ein gesundheitliches oder technisches Risiko ausgeht oder wenn die Instandhaltung wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Bei der Pflicht hat das Bundesumweltministerium besonders Kleidung und Elektroartikel im Blick, aber auch beispielsweise Lebensmittel.
Zudem sollen die Unternehmen zu mehr Auskünften über die Umsetzung ihrer sogenannten Produktverantwortung gezwungen werden. Das Umweltministerium erarbeitet nach eigenen Angaben eine entsprechende Verordnung. Sie sollen in Berichten „deutlich nachvollziehbar“ dokumentieren, wie sie mit nicht verkauften Waren umgehen, ob sie diese also vernichten oder alternativ etwa günstiger anbieten oder spenden.
Die Grünen bemängeln den Gesetzentwurf der Umweltministerin: Bislang sei die Obhutspflicht „nicht mehr als eine freundliche Erinnerung an die Hersteller, ihrer Produktverantwortung gerecht zu werden“, erklärte die umweltpolitische Sprecherin im Bundestag, Bettina Hoffmann. Sie kritisierte, dass es „im Produktrecht keine verbindlichen Standards für den Einsatz von Rezyklaten, Reparaturfähigkeit oder Langlebigkeit gibt“.
Auch von der Deutschen Umwelthilfe kam Kritik: Schulze lege in ihrem Papier keine verbindliche Obhutspflicht, sondern lediglich die Möglichkeit zu Verordnungen fest.
Neben der Obhutspflicht umfasst das Gesetzesvorhaben des Umweltministeriums im wesentlichen zwei weitere Punkte: Zum einen sollen Bundesbehörden und -unternehmen künftig bei der Warenbeschaffung „Produkte aus Recycling gegenüber Neuanfertigungen bevorzugen“ und so den Markt für Recyclingprodukte stärken.
Zum anderen soll der gesetzliche Rahmen entstehen, um die Hersteller und Vertreiber von Zigaretten, Einwegbechern und anderen Kunststoffartikeln an den Kosten der Reinigung des öffentlichen Raums beteiligen zu können. Auch hier ist die Umsetzung in wesentlichen Punkten noch offen. afp