Sinn fordert Teilverstaatlichungen

von Redaktion

„Klassische Geld- und Konjunkturpolitik ist jetzt nicht sinnvoll“

München – Der ehemalige Präsident des Münchner ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hält Teilverstaatlichungen von Unternehmen in der Coronakrise für gerechtfertigt. „Einem liberalen Ökonomen fällt es sehr schwer, darüber zu reden“, gestand er in einem am Mittwoch veröffentlichten Youtube-Video und ergänzte: „Eine solche Teilverstaatlichung ist viel besser, als es sich anhört, weil die öffentliche Hand das Geld nicht verschenkt, sondern ein Miteigentumsrecht an den Firmen bekommt.“

Als Beispiel nannte er die Finanzkrise 2008 und die Bankenkrise in Schweden 1990, als Banken zu zerbrechen und das Finanzsystem zu kollabieren drohte. In Schweden seien solche Verstaatlichungen ein großer Erfolg gewesen. Den Staat hätten die Maßnahmen nichts gekostet, nachdem die Anteile an den schwedischen Banken nach der Krise wieder verkauft worden waren.

Auch nannte Sinn das von der Bundesregierung beschlossene Paket für Finanzhilfen sowie die Vereinfachung der Kurzarbeiterregelungen die richtigen Maßnahmen in der Coronakrise, um betroffene Firmen zu stützen. Es gebe schließlich keine Liquiditätskrise, sondern eine Solvenzkrise.

An und für sich sei die Wirtschaft in Deutschland intakt, sagte der Volkswirt. „Klassische Geld- und Konjunkturpolitik ist, glaube ich, nicht sinnvoll.“ Auch warnte Sinn Politiker davor, die Krise als Grund vorzuschieben, um eigene politische Vorhaben – beispielsweise im Klimaschutz – jetzt durchzusetzen. Genauso seien auf EU-Ebene Corona-Bonds, ein europäisches Budget oder ein gemeinsamer Einlagensicherungsfonds keine geeigneten Mittel zur Bekämpfung der Krise. „Diejenigen, die ihre Programme bislang nicht durchgesetzt haben, wollen jetzt die Krise nutzen, um sie doch noch durchzubringen“, kritisierte der Ökonom. Sinn war von 1999 bis 2016 Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo in München. sh

Artikel 3 von 10