Zankapfel „Corona“-Bonds

von Redaktion

Jeder macht seins: Das Krisenmanagement der Europäischen Union rumpelt. Das zeigt sich auch beim dritten Videogipfel der EU- Regierungschefs.

VON VERENA SCHMITT-ROSCHMANN UND AMELIE RICHTER

Brüssel – Die Grenzen dicht, der Binnenmarkt gelähmt, die Nerven aufgerieben: Die Corona-Krise wird für die Europäische Union zur Bewährungsprobe. Am Donnerstag nahmen die 27 Staaten neu Anlauf, endlich an einem Strang zu ziehen, bei einem Videogipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und den übrigen Staats- und Regierungschefs. Doch statt des Signals der Geschlossenheit gab es erst einmal heftigen Streit.

Italien, das von der Krise so schwer getroffene Land, stellte sich gegen die vorab von Diplomaten ausgehandelten, fein gedrechselten Kompromisse. Es ging darum, wie sich die Staaten gemeinsam vor den dramatischen Folgen der Wirtschaftskrise schützen können -– um einen Rettungsschirm für jene, die womöglich künftig unter den gigantischen Kosten der Konjunkturhilfen für ihre Unternehmen und Bürger wanken könnten.

Die Debatte war schon vor der Chefrunde außerordentlich schwierig. Denn die Diplomaten der 27 Staaten hatten tagelang vorverhandelt. Rettungsschirm, jetzt schon?, sagten die einen. Noch könnten sich doch alle Länder problemlos am Kapitalmarkt finanzieren. Sollte man nicht lieber das Pulver trocken halten für vielleicht noch schlimmere Zeiten?

Auf der anderen Seite machten Frankreich, Italien, Spanien und sechs andere Länder Druck, in dieser beispiellosen Krise endlich die Karte zu ziehen, die sie schon lange für unausweichlich halten: die Aufnahme gemeinsamer Schulden zu für allen günstigen Konditionen. Das wiederum ist für Deutschland, die Niederlande und einige andere Länder inakzeptabel. Sie fürchten, dass stärkere Länder für finanzschwache haften müssen.

Conte war offenbar von beiden Seiten ziemlich entnervt, so ließen seine Worte bei der Videoschalte schließen, die italienische Regierungskreise aus der Sitzung nach draußen trugen. Niemand wolle die Vergemeinschaftung öffentlicher Schulden, sagte der Regierungschef demnach. Jedes Land verantworte seine eigenen Schulden selbst und so werde es auch bleiben. Doch müsse Europa gemeinsam handeln und eine starke Antwort auf die Krise finden. Wie sonst wolle man das den Bürgern erklären?

Er brachte völlig neue, „wirklich innovative und angemessene Finanzinstrumente“ ins Gespräch, um die Wirtschaftsfolgen der Corona-Krise zu bewältigen. Binnen zehn Tagen sollten die fünf Präsidenten der EU-Institutionen einen gemeinsamen Vorschlag vorlegen. Ziel war offenbar, das Verfahren nicht den Finanzministern der Eurogruppe zu überlassen, sondern das große Besteck rauszuholen. Das wiederum traf bei Deutschland und den Niederlande nach Angaben von EU-Diplomaten auf Widerstand. Bis in den späten Abend hinein suchte EU-Ratschef Charles Michel eine neue Kompromisslinie. Am Ende erreichte Conte einen Teilerfolg: Binnen zwei Wochen soll ein neues Modell für einen Rettungsschirm erarbeitet werden.

So kam die EU auch aus diesem Abend nur nach einigem Rumpeln und sehr mühsam gemeinsam raus. „Als Europa wirklich füreinander da sein musste, haben zu viele zunächst nur an sich selbst gedacht“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Und als Europa wirklich beweisen musste, dass wir keine „Schönwetterunion“ sind, weigerten sich zu viele zunächst, ihren Schirm zu teilen.“ Inzwischen funktioniere die Hilfe wieder. „Aber die Menschen in Europa verfolgen, was als Nächstes passiert.

Deutschland weiter gegen gemeinsame Verschuldung

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