Hilfe für die Konjunktur

von Redaktion

Berlin/Brüssel – Führende Koalitionspolitiker haben umfassende Konjunkturhilfen in Aussicht gestellt, um die deutsche Wirtschaft nach dem Abklingen der Corona-Pandemie aus der Krise zu holen. CSU-Chef Markus Söder sprach sich am Wochenende für ein großes Konjunkturprogramm aus, das von flächendeckenden Steuersenkungen flankiert werden müsse. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plädierte für ein Konjunkturpaket; davon verspricht er sich einen Schub für den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft.

Scholz und Söder nannten keine Zahlen. Sie machten aber klar, dass das anvisierte Konjunkturprogramm sehr massiv ausfallen müsse. „Wenn die erste Phase mit Soforthilfen und Bürgschaften überstanden ist, brauchen wir darüber hinaus ein vitales Konjunkturprogramm in ähnlicher Größenordnung“, sagte Söder der „Bild am Sonntag“. Die bereits von der Bundesregierung beschlossenen ersten Notmaßnahmen haben ein Volumen von weit mehr als einer halben Billion Euro.

Finanzminister Scholz machte klar, dass er eine Rückkehr zur Politik des sparsamen Haushaltens bis auf Weiteres nicht für sinnvoll hält. „Jetzt kommt es darauf an, dass wir nicht gegen die Krise ansparen“, sagte er den Funke-Zeitungen. Wenn die akute Phase der Pandemie vorbei sei, „macht ein Konjunkturpaket Sinn, um die Wirtschaft anzukurbeln“, sagte der SPD-Politiker. Seine Vorschläge würden sich dabei an den Klimazielen orientieren: „Wir wollen die technologische Modernisierung unseres Landes voranbringen.“

Für Zündstoff in der Koalition dürfte die Frage sorgen, in wieweit die Corona-Krise Änderungen in der Steuerpolitik erforderlich machen könnte. „Unsere Exportwirtschaft wird noch länger leiden, selbst wenn wir in Deutschland die Krise überstanden haben“, sagte Söder. Deswegen müsse der Staat weiterhin aktiv die Konjunktur stützen – etwa durch ein Ankurbeln der Inlandsnachfrage.

„Das heißt: keine Steuererhöhungen, sondern Steuersenkungen“, forderte der bayerische Ministerpräsident. „Der Soli muss schneller und für alle abgeschafft werden.“ Darüber hinaus „sollten wir die Einkommensteuer insgesamt absenken“.

Auf europäischer Ebene ist in Sachen Finanzierung der Corona-Folgen derweil die Debatte über Euro-Bonds – oder Corona-Bonds – wieder aufgeflammt. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni hat sich für solche gemeinsame Anleihen der EU-Mitglieder ausgesprochen. „Wir brauchen ein europäisches Konjunkturprogramm und das sollte durch die Ausgabe von Anleihen finanziert werden“, sagte Gentiloni. „Die Ausgabe von Anleihen soll zweckgebunden sein und eine einmalige Maßnahme in außergewöhnlichen Umständen. Ich denke, Deutschland und andere nordeuropäische Länder können das akzeptieren.“

Die EU-Staaten hatten sich bei einem Videogipfel vorige Woche über die Frage zerstritten, ob Corona-Bonds – also gemeinsame europäische Anleihen zur Finanzierung der EU-Staaten – in der Krise nötig sind. Italien, Spanien und andere wollen sie, Länder wie Deutschland und die Niederlande sind dagegen. Die EU-Finanzminister sollen bis zum morgigen Dienstag neue Modelle entwickeln.

„Die Botschaft nach Nordeuropa lautet aber: Wir reden nicht über die Vergemeinschaftung von Schulden“, sagte der Italiener Gentiloni. „Jetzt geht es um gemeinsame Schulden im Kampf gegen das Coronavirus und seine Folgen, nicht um die Schulden der vergangenen 30 Jahre.“ Auch der aus Spanien stammende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warb für diese Lösung. Europa habe die Mittel, um solidarisch zu handeln. „Und dafür müssen wir Kreativität und Pragmatismus beweisen, sonst werden sich die am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen fragen, wofür Europa steht, wenn es nicht in der Lage ist, Antworten auf ihre lebenswichtigen Anliegen zu geben.“

Zuletzt hatte sich ein Kompromiss angebahnt, der ein Paket aus drei Teilen vorsieht: vorsorgliche Kreditlinien des Euro-Rettungsschirms ESM, Bürgschaften der Europäischen Investitionsbank EIB und das von der EU-Kommission vorgeschlagene Programm zur Unterstützung von Kurzarbeitergeld-Modellen. Dieser Plan hat auch die Unterstützung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der Corona-Bonds ablehnt.  mm, afp

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