Frankfurt – Schon vor Beginn der Corona-Krise hat der Ferienflieger Condor im Herbst 2019 auf ein Schutzschirmverfahren zurückgegriffen, weil er von der Pleite des Reisekonzerns Thomas Cook massiv getroffen wurde. Mittlerweile stützen sich auch der Kaufhaus-Konzern Karstadt-Galeria-Kaufhof, der Modekonzern Esprit, der Elektroautobauer e.GO und auch der Mittelständler Bosch Druck Solutions auf das Schutzschirmverfahren. Weitere Unternehmen auch aus dem Mittelstand dürften folgen.
Ein Schutzschirmverfahren ist ein vorläufiges Insolvenzverfahren. 2019 waren es nur 260 Verfahren bei deutschlandweit 19 400 Unternehmensinsolvenzen, wie die Wirtschaftsauskunftsdatei Creditreform mitteilt. 2012 hat es der Gesetzgeber ermöglicht, um damit überlebensfähigen Unternehmen die Chancen für eine nachhaltige Sanierung zu verbessern.
Die Auflagen sind allerdings streng. Das Unternehmen muss vor allem noch zahlungsfähig sein. Es dürfe aber, so Creditreform, eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder auch eine Überschuldung vorliegen. Dies muss durch einen Sachverständigen bestätigt werden. Das Unternehmen ist beim Schutzschirmverfahren in der Wahl des Sachverwalters frei – im Gegensatz zum Insolvenzverfahren, bei dem das Gericht den Insolvenzverwalter bestimmt. Die Geschäftsführung des Unternehmens oder der Vorstand bleiben im Amt, werden dabei vom Sachverwalter unterstützt und beaufsichtigt.
Wichtig ist allerdings: Eine Sanierung des Unternehmens und damit der Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze muss realistische Chancen haben. Die Rettung und langfristige Sicherung des Betriebs soll eigenbestimmt erfolgen. Das Verfahren ist auf höchstens drei Monate angelegt. In dieser Zeit übernimmt die Agentur für Arbeit das Gehalt der Beschäftigten. Dann muss dem Gericht ein Sanierungsplan vorgelegt werden, der aufzeigt, dass das Überleben bei weiter laufendem Geschäft gesichert werden kann. Verspricht der Plan nach Auffassung des Gerichts Erfolg, wird er umgesetzt, das Unternehmen ist im Idealfall gerettet. Ist das Gericht nicht überzeugt, folgt ein normales Insolvenzverfahren. Auch dann ist freilich die Rettung des Unternehmens nicht ausgeschlossen.
Das vorgesehene Schutzschirmverfahren räumt dem Unternehmen weitreichende Möglichkeiten ein – zum Nachteil der Gläubiger. Es ist vor Vollstreckungen geschützt, kann Zahlungen etwa für ungünstige Leasingverträge, Mieten oder Pachten aussetzen und so die Liquidität stärken. Das Verfahren ermöglicht nach Angaben von Juristen aber auch, Personal ohne Sozialplan und ohne Kündigungsfristen innerhalb von drei Monaten abzubauen. Auch vereinbarte Sonderzahlungen könnten gestrichen werden. Umgekehrt dürfen Gläubiger noch nicht voll bezahlte Maschinen oder geleaste Fahrzeuge nicht zurückfordern. Von den Gläubigern werden also erhebliche Zugeständnisse und Verzicht verlangt.
Eine Garantie zur Rettung eines Unternehmens ist das Schutzschirmverfahren gleichwohl nicht.
Schutzschirmverfahren sind nach Ansicht von Experten nicht nur für Großunternehmen wie Karstadt oder Condor interessant. Sondern auch für Mittelständler – wie etwa Bosch Druck Solutions, ein Druckspezialist für die Automobilindustrie mit 130 Beschäftigten, dem es unlängst genehmigt wurde. Mit dem Schutzschirm könne man durch die Coronakrise kommen und die Produktion langfristig an die veränderten Gegebenheiten anpassen, ist man dem Vernehmen nach bei der bayrischen Firma überzeugt.