Hamburg/Frankfurt – Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat vor einem zu großen Staatseinfluss auf sein Unternehmen in der Folge möglicher Hilfskredite gewarnt. Der Luftverkehr sei zwar immer politisch gewesen, aber es dürfe nie eine politisch verordnete Frage werden, „ob wir von München oder von Zürich aus nach Osaka fliegen“, sagte der Vorstandschef der Wochenzeitung „Die Zeit“. Das sei eine zentrale Frage für die Zukunft des Unternehmens.
Spohr warb um Vertrauen in die unternehmerischen Entscheidungen seines Managements. Die Lufthansa habe die drei besten Jahre ihrer Konzerngeschichte hinter sich. „Wenn sie auch künftig erfolgreich sein soll, muss sie auch weiterhin ihr Schicksal unternehmerisch gestalten können.“ Man könne einen Konzern nur sehr schwer steuern, wenn mehrere Regierungen Einfluss auf operative Geschäftsaufgaben nehmen wollten.
Die Verhandlungen mit den verschiedenen Regierungen infolge der Corona-Krise würde Spohr lieber persönlich führen als am Telefon. „Wir sind gerade in Gesprächen mit vielen Regierungen in Europa über eine Unterstützung unserer Airlines, aber mir ist das fast unangenehm am Telefon“, sagte Spohr. „Ich reise lieber zu jemandem, den ich um etwas bitte. Das hat ja auch eine gewisse Symbolik.“
In den Verhandlungen um mögliche Corona-Hilfen prüft die Lufthansa auch eine Insolvenz in Eigenverwaltung anstelle eines direkten Staatseinstiegs. Entsprechende Informationen der Gewerkschaft Ufo wurden am Dienstag von einem Unternehmenssprecher in Frankfurt bestätigt.
Ein Schutzschirmverfahren hat bereits der Ferienflieger Condor durchlaufen. Das Unternehmen wird in diesem Fall unter die Aufsicht eines Sachwalters gestellt und könnte unter dem bisherigen Management die Sanierung angehen. Laut Gewerkschaft soll Lufthansa-Chef Spohr intern erklärt haben, dass er das Unternehmen lieber in die Insolvenz in Form eines Schutzschirmverfahrens führe, als sich von der Politik reinreden zu lassen.
Dazu erklärte ein Unternehmenssprecher, dass der Vorstand selbstverständlich alle Optionen inklusive des Schutzschirmverfahrens prüfe. Es sei eine Alternative, falls dem Konzern bei einem Staatseinstieg nicht wettbewerbsfähige Bedingungen drohten. Die Kabinengewerkschaft Ufo erhofft sich von einem direkten Staatseinstieg bei der Lufthansa einen besseren Schutz von Arbeitnehmerrechten und strategische Vorteile für den deutschen Luftverkehr.
In den Verhandlungen um mögliche Staatshilfen für die Lufthansa gibt es noch keine Einigung, hieß es in der Bundesregierung. Nach weiteren dpa-Informationen vom Dienstag wird nicht damit gerechnet, dass die bislang unverbindlichen Gespräche noch diese Woche mit einem Ergebnis beendet werden. Bei einem Unternehmen dieser Größe und der möglichen Höhe der Unterstützung müsse klug vorgegangen werden, hieß es.
Am Morgen war der Kurs der Lufthansa-Aktie zu Handelsbeginn deutlich gestiegen. Grund war ein Bericht des Online-Wirtschaftsmagazins „Business Insider“ über eine angebliche Einigung auf Arbeitsebene. Danach werde die Bundesrepublik rund neun Milliarden Euro in den in der Corona-Krise schwer angeschlagenen Konzern pumpen. Ein Konzernsprecher wollte den Bericht am Morgen nicht kommentieren. dpa