Seit zwei Wochen haben die Läden in Bayern wieder geöffnet – aber der Einzelhandel leidet immer noch. Noch immer seien weniger Menschen unterwegs als vor Corona, sagt Wolfgang Fischer, Geschäftsführer von City-Partner, dem Verband der Innenstadthändler. Vielen Läden drohe die Insolvenz.
Herr Fischer, wie geht es dem Münchner Einzelhandel?
Die Läden hatten in den vergangenen Wochen immense Umsatzeinbrüche. Und seit der Einzelhandel wiedergeöffnet hat, läuft das Geschäft nur sehr langsam wieder an.
Wie viel Umsatz hat Corona bisher den Handel in München gekostet?
Über viele Wochen 100 Prozent, und auch jetzt berichten noch viele Unternehmer über weit mehr als 50 Prozent Umsatzeinbußen, zum Teil sind es sogar 70 bis 80 Prozent. Viele Kosten wie etwa die Miete wurden oft zwar gestundet, aber auch diese Zahlungen schlagen irgendwann wieder zu. Und dann kommt es womöglich zu einer Insolvenzwelle in München.
Wie kann man das verhindern?
Zum Beispiel könnte man über Sonderaktionen wie verkaufsoffene Sonntage nachdenken. Das wäre ein wichtiger Schritt zur Unterstützung der Innenstädte.
Was steht verkaufsoffenen Sonntagen im Weg?
Die aktuelle Rechtslage sieht höchstens vier verkaufsoffene Sonn- und Feiertage im Jahr vor – und die auch nur zum Anlass von Märkten, Messen oder großen Festen. Aber selbst die finden in München kaum statt. Und natürlich kommen gerade in der heutigen Zeit große Veranstaltungen nicht infrage. Aber man sollte über andere Regelungen sprechen.
Und wie könnten die aussehen?
Es muss nicht jeden Sonntag geöffnet sein. Aber vielleicht könnte man im zweiten Halbjahr an einigen Sonntagen die Läden öffnen. Man muss einfach schauen, was funktionieren kann – wir befinden uns gerade noch in der Phase des vorsichtigen Hochfahrens, und die Infektionszahlen haben natürlich höchste Priorität.
Wie wird diese Idee aufgenommen?
Die einzelnen Unternehmen begrüßen das. Aber auch die Gastronomie: Verkaufsoffene Sonntage würden nämlich beiden Branchen zugute kommen. Auch Restaurants und Cafés haben in der letzten Zeit stark gelitten und würden jetzt von volleren Innenstädten an Sonntagen profitieren.
Und die Mitarbeiter machen da mit?
2015 hatten wir einen verkaufsoffenen Sonntag in München. Und da kam die Rückmeldung von vielen Händlern, dass sie sogar mehr Personal eingesetzt haben, als sie gebraucht hätten. Der Sonntagsdienst war für viele Mitarbeiter attraktiv, vor allem wegen der Zuschläge – da gibt es bis zu 100 Prozent des Tagesgehaltes oben drauf.
Sollten auch nach der Krise die Läden öfter an Sonntagen öffnen dürfen?
Jetzt reden wir erst einmal über eine Überlebensmaßnahme, das soll keine allgemeine Ladenschlussdebatte werden. Grundsätzlich wären die Unternehmen schon damit glücklich, wenn wir in München viermal im Jahr an Sonntagen öffnen könnten – dafür bräuchten wir nicht einmal eine Gesetzesänderung. Aber jetzt geht es erst um rund 25 000 Arbeitsplätze innerhalb des Altstadtrings.
Interview: Kathrin Braun