München/Nürnberg/Berlin – Die Deutschen gehen in der Corona-Krise weiterhin nur einkaufen, wenn es wirklich nötig ist. „Es werden nur Bedarfskäufe getätigt, mehr nicht“, heißt es in einem Brief des Handelsverbands Deutschland an das Bundesfinanzministerium. Spontankäufe bleiben demzufolge aus. Deshalb leide der Handel weiter erheblich, auch wenn alle Geschäfte wieder öffnen dürfen.
„Die Konsumstimmung liegt nach wie vor am Boden“, heißt es in dem Schreiben an Minister Olaf Scholz (SPD). Darin fordert die Branche ein Konjunkturpaket unter anderem mit Überbrückungshilfen, einem Innenstadtfonds und Digitalisierungszuschüssen. In den Innenstädten seien nur halb so viele Kunden wie üblich unterwegs. Dazu tragen nach Handelsangaben auch die staatlichen Auflagen bei, etwa dass je nach Bundesland nur ein Kunde pro 10 oder 20 Quadratmeter in die Läden darf. Für April – als die meisten Geschäfte wochenlang geschlossen waren – würden die schlechtesten Umsatzzahlen seit dem Zweiten Weltkrieg erwartet, hieß es. Ohne weitere Hilfe seien tausende mittelständische Handelsunternehmen wie Modehäuser, Schuh- und Sportgeschäfte, Parfümerien und Buchläden in ihrer Existenz bedroht.
Auch Restaurants und Cafés zeigen sich nach der Wiedereröffnung enttäuscht und beklagen massive Umsatzeinbußen. In einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des Branchenverbandes Dehoga berichteten vier von fünf Betrieben, dass sich ihre Umsatzerwartungen nach dem Neustart nicht erfüllt hätten. Die Wirte rechnen demnach mit einem Umsatzrückgang um mindestens 55 Prozent im Gesamtjahr. Dehoga-Präsident Guido Zöllick forderte erneut einen Rettungsfonds mit direkten, nicht rückzahlbaren Finanzhilfen.
Das Konsumklima in Deutschland hat sich indes nach dem Schock der Pandemie im Vormonat ganz leicht erholt. Das Nürnberger Marktforschungsunternehmen GfK legte den Wert für Juni auf minus 18,9 Punkte fest – 4,2 Punkte mehr als noch im Mai. Dies sei aber noch immer der zweitniedrigste Wert, der jemals für das Konsumklima in Deutschland gemessen wurde, berichtete die GfK.
Bei der Anschaffungsneigung kletterte der Wert im Vergleich zur Prognose von vor einem Monat um zehn Zähler nach oben, auf einen Wert von 5,5. Dennoch ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Minus von 45 Punkten zu verzeichnen.
„Die schrittweise Öffnung vieler Geschäfte hat sicherlich dazu beigetragen, dass die Konsumneigung keine weiteren Einbußen hinnehmen muss und aktuell sogar etwas zulegen kann“, sagte der GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl. Dennoch sei die Verunsicherung unter den Konsumenten groß. dpa