Aschheim – Der wegen Verdachts der Falschinformation von Anlegern ins Visier der Münchner Staatsanwaltschaft geratene Dax-Konzern Wirecard verspricht Kooperation mit den Ermittlern. „Alle von den Behörden im Rahmen der Durchsuchung angeforderten Daten wurden kurzfristig bereitgestellt“, so der Konzern. Weitere öffentliche Erklärungen wollen Vorstand und Aufsichtsrat nicht abgeben, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.
Das Kooperationsversprechen kommt vor dem Hintergrund monatelanger Vorwürfe mangelnder Transparenz und Auskunftsbereitschaft. Die Staatsanwaltschaft München I hatte nach einer Anzeige der Finanzaufsicht Bafin die Ermittlungen gegen die vier Wirecard-Vorstandsmitglieder – inklusive Konzernchef Markus Braun – eingeleitet und die Firmenzentrale in Aschheim durchsuchen lassen (wir berichteten). Daraufhin war der Aktienkurs von Wirecard nachbörslich um 12 Prozent eingebrochen.
Dabei geht es um die Frage, ob der Bezahldienstleister in zwei Pflicht-Börsenmitteilungen vom März und April irreführende Informationen für Anleger veröffentlicht hat. In diesen zwei Mitteilungen hatte Wirecard erklärt, eine Sonderuntersuchung der Abschlüsse 2016, 2017 und 2018 durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG habe bis dato keine Belege für Bilanzmanipulationen ergeben.
Tatsächlich hatten die KPMG-Prüfer dann in ihrem Ende April fertiggestellten Bericht aber erklärt, dass sie wesentliche Fragen mangels Unterlagen nicht aufklären konnten. Auslöser der Sonderprüfung war eine Serie von Berichten in der britischen „Financial Times“, die dem Unternehmen Manipulation der Bilanzen vorwarf. Die KPMG-Prüfer beklagten in ihrem Bericht mehrfach, dass Wirecard Informationen erst verspätet oder gar nicht geliefert habe.
Auch große Aktionäre wie die DWS – die Kapitalanlagetochter der Deutschen Bank – haben in der Vergangenheit bessere Information angemahnt. Aktuell wollte sich die DWS nicht äußern, das Unternehmen hat seinen Anteil an Wirecard jedoch zuletzt reduziert. Auch andere Anleger stießen die Papiere zunächst ab: Ihr anfangs deutliches Minus von sieben Prozent am Montag haben Wirecard-Aktien dann aber im Handelsverlauf reduziert – teils lag die Aktien sogar im Plus.
Unter Anlegern herrscht wegen der Turbulenzen große Aufregung. „Wir werden überschüttet mit Anfragen, das haben wir seit den Zeiten des Neuen Markts nicht mehr erlebt“, sagte Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Aktionärsvereinigung DSW.
Wirecard ist in mehrfacher Hinsicht in juristische Auseinandersetzungen verwickelt, sowohl straf- als auch zivilrechtlich. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt nicht nur gegen Firmenchef Braun und seine Vorstandskollegen, sondern prüft auch mögliche Marktmanipulation durch Börsenspekulanten. Daneben stehen zivilrechtliche Klagen – einerseits hat Wirecard die „Financial Times“ wegen deren Berichterstattung verklagt, andererseits gibt es Klagedrohungen und -ankündigungen von Aktionären gegen Wirecard. dpa