Tausende Lufthansa-Jobs auf der Kippe

von Redaktion

VON ROLF OBERTREIS

Frankfurt – Der zweite Tarifgipfel des Lufthansa-Managements mit den Gewerkschaften zu Lösungen der schwerwiegenden Krise infolge der Corona-Pandemie hat noch keine konkreten Ergebnisse gebracht. Allerdings wurde deutlich, dass der rechnerische Personalüberhang deutlich größer ist als bislang bekannt. Nach Angaben der Airline sind für die neuformierte, kleinere Aufstellung des Unternehmens nach Überwindung der Krise nicht nur 10 000, sondern 22 000 Vollzeitstellen zu viel vorhanden.

Der Flugbegleitergewerkschaft Ufo zufolge betrifft das insgesamt 26 000 der aktuell weltweit rund 138 000 Beschäftigten – also rund jeden fünften Lufthanseaten. Aktuell sind 87 000 von ihnen in Kurzarbeit. Die Gewerkschaften betonten erneut ihre Bereitschaft zu gemeinsamen Lösungen zur Überwindung der Krise. Basis dafür muss aber nach Ansicht der Flugbegleitergewerkschaft Ufo ein Kündigungsschutz sein. Bis zum 22. Juni wollen alle Beteiligten konkrete Maßnahmen vereinbaren.

„Ohne eine signifikante Senkung der Personalkosten während der Krise verpassen wir die Chance eines besseren Restarts aus der Krise und riskieren, dass die Lufthansa deutlich geschwächt aus der Krise hervorgeht“, sagte Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann nach dem Treffen. Ziel sei es, durch Kurzarbeit und Krisenvereinbarungen möglichst betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und den Weg für den Erhalt „möglichst“ vieler Arbeitsplätze zu ebnen. Unter anderem soll die Lufthansa, wie zu hören ist, Flugbegleitern einen drei Jahre langen, unbezahlten Urlaub nahegelegt haben mit der Zusage, sie danach wieder einzustellen.

Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert die Airline Kürzungen beim Lohn und bei der Kurzarbeit, den Verzicht auf Tariferhöhungen sowie Abstriche beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Insgesamt gehe es um Abschläge von 20 Prozent. Ohne Beschäftigungssicherung sei aber eine Einigung nicht möglich.

Die Piloten der Lufthansa erneuerten ihr schon vor einem Monat unterbreitetes Angebot zu Zugeständnissen im Volumen von 350 Millionen Euro durch signifikante Lohnkostenreduzierung bis Mitte 2022. Dies bedeute für einzelne Piloten einen Gehaltsverzicht von bis zu 45 Prozent, sagt Markus Wahl, Präsident der Pilotenvereinigung Cockpit (VC). „Pilotinnen und Piloten sind sich ihrer Verantwortung bewusst. Im Gegenzug erwarten wir einzig vom Konzernvorstand, dass er sich zu seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekennt.“ Eine Auslagerung von Arbeitsplätzen zu schlechteren Bedingungen ist für Wahl völlig inakzeptabel. „Die Gespräche des heutigen Tarifgipfels haben aber gezeigt, dass wir gemeinsam eine Lösung finden wollen und werden“, gab sich Wahl gleichwohl zuversichtlich.

„Wir werden alles versuchen, um bis zur außerordentlichen Hauptversammlung eine Lösung erreichen zu können“, betont auch Daniel Flohr, Vorsitzender der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo. Man habe bereits Angebote gemacht, sie seien aber bisher links liegen geblieben. Für eine gemeinsame Lösung, so Flohr, müsse die Lufthansa umschalten. „Betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, das ist die Währung, die Mitarbeiter als Gegenleistung für Einsparungen benötigen.“

Lufthansa-Chef Spohr rechnet erst 2023 mit einer Normalisierung des Geschäftes auf einem dann allerdings niedrigeren Niveau. Die Flotte soll um 100 Maschinen auf rund 660 verkleinert werden. Rein rechnerisch entfallen auf jeden ausgemusterten Jet 100 Beschäftigte, hatte Spohr vorgerechnet. Dazu kommt noch Personal am Boden, in der Verwaltung und in Servicebereichen, das wohl nicht mehr benötigt werde.

Auf der Hauptversammlung am 25. Juni will der Vorstand den Aktionären konkrete Sparmaßnahmen vorstellen. Dies sei notwendig, damit die Aktionäre dem Rettungspaket des Bundes im Volumen von neun Milliarden Euro und der geplanten Staatsbeteiligung von 20 Prozent an der Airline zustimmen. VC-Präsident Wahl appelliert schon jetzt an die Anteilseigner zu zustimmen. Nach Überzeugung von VC ist die gefundene Einigung mit dem Bund und der Europäischen Kommission zur Rettung der Lufthansa zwar ein schwieriger Kompromiss, aber dieser Weg sei alternativlos.

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