Der Deutschland-Takt rückt näher

von Redaktion

VON WOLFGANG MULKE

Berlin – Zwei Jahre hat die Arbeit von Bahnunternehmen, Verbänden, Industrie und Verkehrsministerium gedauert, um einen Zeitplan für ein modernes Bahnsystem in Deutschland zu erstellen. Die Ziele sind langfristig angelegt. „Wir haben 2040 ein fast perfektes Bahnsystem“, sagte Enek Ferlemann, der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, gestern in Berlin. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg, der erst zu einem kleinen Teil zurückgelegt wurde und jetzt zu einem „Schienenpakt“ der beteiligten Branchen und Behörden führte. Gestern haben deren Vertreter ihre Unterschrift unter die Vereinbarung gesetzt.

Ein Kernpunkt ist die Einführung des Deutschland-Taktes. Dahinter steht ein Fahrplan für den Fernverkehr, der die Metropolen in Deutschland halbstündlich, die größeren Städte stündlich miteinander verbindet. Zudem wird der Takt mit den Regionalzügen abgestimmt. „Eine kleine Revolution“ nannte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den Schwenk in der Bahnpolitik.

Der Startschuss fällt beim Fahrplanwechsel im Dezember auf der Strecke von Hamburg nach Berlin. Dort werden die Züge künftig alle 30 Minuten losfahren.

Potenzial für den halbstündigen Takt besteht ab Dezember auch auf der Strecke München – Zürich. Die Reisezeit verkürzt sich zudem noch um eine halbe Stunde. Ein Jahr darauf geht es zwischen Ulm und Lindau mit dem Takt weiter. Reisende kommen hier eine gute Viertelstunde schneller ans Ziel. Auf der Trasse zwischen Stuttgart und Ulm solle es Ende 2022 losgehen, zwischen Braunschweig und Wolfsburg im folgenden Jahr.

Weitere große Korridore starten erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts durch. Dann sind die Achsen von München bis Mannheim und München bis Würzburg sowie die Strecken zwischen Kassel und Hamburg sowie Hannover und Berlin dran. So erwarten es zumindest die Planer. Ganz so einfach, wie die Logik des Taktverkehrs klingt, wird die Umsetzung allerdings nicht. So müssen die Kapazitäten des Schienennetzes dafür deutlich erhöht werden.

Auch die Finanzierung dieser Milliarden kostenden Arbeiten ist noch nicht gesichert, wie der bahnpolitischen Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, kritisiert.

Auch wenn die Ziele des Schienenpaktes partei- und branchenübergreifend unterstützt werden, sind die Interessen der Beteiligten unterschiedlich. Die wohl größte Konfliktlinie verläuft zwischen Bundesregierung und Bahn auf der einen Seite und den gut 400 privaten Bahnunternehmen auf der anderen. So ist das Netzwerke Europäischer Eisenbahnen (NEE), das die Interessen der Güterbahnen vertritt, sauer auf Scheuer. Die Güterbahnen befürchten, dass sie durch den Halbstundentakt zwischen Hamburg und Berlin im wahrsten Wortsinn auf der Strecke bleiben. Dabei sieht der Pakt eine Gleichbehandlung von Güter- und Personenverkehr ausdrücklich vor. Denn das Ziel ist eine deutliche Steigerung der Gütertransporte von derzeit 18 Prozent auf 25 Prozent am Ende des Jahrzehnts. Im Vergleich zum Personenverkehr ist diese Vorgabe eher bescheiden. Dort soll sich die Zahl der Fahrgäste im gleichen Zeitraum verdoppeln.

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