München – Der langjährige Chef von Knorr Bremse Heinz Hermann Thiele ist nach vier Jahren Pause wieder in den Aufsichtsrat des Spezialisten für Eisenbahn- und Nutzfahrzeugbremsen eingezogen. Mit ihm wurden der ehemalige Airbus-Chef und heutige Lufthansa-Aufsichtsrat Tom Enders sowie Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer in das Kontrollgremium des Münchner MDax-Konzerns gewählt – wie erwartet, denn Thiele und seine Familie halten 65 Prozent der Anteile.
Vor zwei Wochen waren es sogar noch 70 Prozent. Aber kurz vor der Lufthansa-Hauptversammlung hatte Thiele noch Knorr-Bremse-Anteile für 700 Millionen Euro verkauft. Er war seit März zum größten Aktionär der Fluggesellschaft aufgestiegen und hatte den Einstieg des Staates bei der Lufthansa zunächst kritisiert, dann aber dem Rettungsplan doch zugestimmt.
Die Hauptversammlung von Knorr-Bremse genehmigte mit 99,99 Prozent der Stimmen die Ausschüttung von 290 Millionen Euro Dividende – das ist fast die Hälfte des Bilanzgewinns 2019. Aufsichtsratschef Klaus Mangold erklärte, Knorr-Bremse habe keine Liquiditätsprobleme. Die Nettoverschuldung liege „nahe null“, sagte Vorstandschef Bernd Eulitz.
Wegen der Corona-Krise gingen Umsatz, Gewinn und Auftragseingang im ersten Quartal deutlich zurück, und das zweite Quartal sei noch schwieriger gewesen, sagte Eulitz. Trotzdem „erwarten wir ein positives Ebit 2020“ –also einen Gewinn vor Zinsen und Steuern.
Es gebe keine Auftragsstornierungen, die Lieferketten seien nicht wesentlich beeinträchtigt, in China sei der Wiederanlauf gelungen. Knorr-Bremse fahre Kurzarbeit, stocke die Bezüge der betroffenen Mitarbeiter auf 85 Prozent, plane aber keinen Personalabbau wegen Corona.
Eine konkrete Prognose für das laufende Geschäftsjahr will Eulitz bei Bekanntgabe der Halbjahreszahlen im September geben.
Der Jurist Thiele begann 1969 seine Laufbahn bei Knorr-Bremse als juristischer Sachbearbeiter von Knorr–Bremse. Als die zerstrittenen Firmenerben Ende der 1980er-Jahre ihre Anteile an dem damals sanierungsbedürftigen mittelständischen Bremsenhersteller loswerden wollten, schlug Thiele, damals angestellter Top-Manager des Unternehmens, mithilfe von Bankkrediten zu. Er wurde zu Alleineigentümer und startete eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Er konzentrierte sich aufs Kerngeschäft mit den Bremsen und formte aus dem Unternehmen, durch Zukäufe und Internationalisierung des Geschäfts, einen Weltmarktführer mit starken Standbeinen unter anderem auch in China und Amerika. dpa