Frankfurt/München – Die Folgen der Corona-Pandemie bekommen auch Start-ups in Deutschland zu spüren. Zwar erhielten im ersten Halbjahr acht Prozent mehr und damit 360 Unternehmen frisches Geld. Die Gesamtsumme schrumpfte aber von 2,8 Milliarden um 22 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. In Deutschlands Start-up-Hauptstadt Berlin wurde das Investitionsvolumen sogar um fast die Hälfte auf 1,1 Milliarden Euro gekappt, obwohl mit 149 nahezu 14 Prozent mehr Unternehmen unterstützt wurden. In Bayern dagegen kletterte die Zahl der Vereinbarungen zwischen Januar und Juni um 60 Prozent auf 83 und die Investitionen vervierfachten sich auf 773 Millionen Euro.
Das sind die zentralen Ergebnisse des Start-up-Barometers der derzeit wegen des Wirecard-Skandals umstrittenen Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. „Es gibt eindeutig einen Corona-Effekt bei den Risikokapitalinvestitionen“, sagt EY-Partner Thomas Prüver. Vor allem die Zahl großer Finanzierungen mit mehr als 100 Millionen Euro sei deutlich zurückgegangen – von sieben auf nur noch zwei. Mit 218 Millionen erhielt der Münchner Flugtaxi-Entwickler Lilium den höchsten Betrag, dahinter rangiert der Verleiher von Technikgeräten Grover aus Berlin mit 195 Millionen. Die Smartphone-Bank N26 konnte 91 Millionen Euro einsammeln. 73 Millionen gingen an Content ebenfalls in Berlin und 68 Millionen an das Software-Start-up Personio in München.
Im Januar vor der Krise waren es noch 90, im März dann nur noch 49 und im Juni gerade noch 34 Finanzierungen. Immerhin seien nur wenige geplante Finanzierungen komplett abgesagt worden. Die Folgen der Krise werden nach Angaben von Prüver erst noch sichtbar werden. Bei den Standorten sieht er München auf dem Vormarsch. „Da bildet sich nach Berlin ein zweiter großer Start-up-Standort heraus.“ München sei vor allem im Technologiebereich stark. Noch aber ist Berlin mit einem Anteil von 41 Prozent an allen Abschlüssen deutlich vorne. Bayern kommt auf 23. Gute Ideen stießen zwar nach wie vor auf großes Interesse, aber generell seien die Investoren vorsichtiger geworden. „Der Markt befindet sich im Umbruch, aber nicht in Schockstarre. Gefragt waren im ersten Halbjahr vor allem die Bereiche Software und Analytics mit Investitionen von einer halben Milliarde Euro, ein Plus von 30 Prozent. Dagegen litt das Interesse an Mobilitäts-Start-ups und FinTechs mit einem Minus um ein Drittel auf 434 Millionen Euro. Immer stärker gefragt sind auch Gesundheits-Startups. „Digital Health wird weiter boomen. Und auch Biotech und Medtech haben in den vergangenen Monaten enorm an Bedeutung gewonnen“, sagt Prüver.
ROLF OBERTREIS