Siemens schafft Präsenzkultur ab

von Redaktion

140 000 Mitarbeiter können im Homeoffice bleiben – Vorstand: Ergebnisse zählen, nicht die Anwesenheit

München – Das könnte bundesweit Schule machen. Der Münchner Technologiekonzern Siemens setzt auch nach der Pandemie auf mobiles Arbeiten und betont sein Vertrauen in Beschäftigte. Gut 140 000 Siemensianer an über 125 Standorten in 43 Ländern sollen nun dauerhaft die Möglichkeit haben, im Homeoffice oder von einem mobilen Arbeitsplatz aus zu arbeiten.

„Damit verbunden ist auch ein anderer Führungsstil, der sich an Ergebnissen orientiert, nicht an der Präsenz im Büro“, erklärte der designierte Siemens-Chef Roland Busch, der spätestens kommenden Februar dem langjährigen Boss Joe Kaeser nachfolgen soll, nach einem entsprechenden Vorstandsbeschluss.

Mobiles Arbeiten werde auch über die Pandemie hinaus als Kernelement der neuen Normalität etabliert. Ziel ist es, dass alle Beschäftigten weltweit im Schnitt zwei bis drei Tage pro Woche mobil arbeiten können, wenn sie es wollen und es machbar ist. Das trifft auf gut ein Drittel der 385 000 Leute umfassenden Belegschaft in aller Welt zu. „Die Corona-Krise hat einen Digitalisierungsschub ausgelöst“, stellt Busch klar. Es habe sich gezeigt, dass ortsunabhängiges Arbeiten viele Vorteile bietet und in weitaus größerem Rahmen möglich ist als ursprünglich angenommen.

Weltweite Umfragen unter dem Personal hätten zudem einen Wunsch nach mehr Flexibilität und individuellen Lösungen beim Arbeitsort bestätigt. Siemens setzt dabei nicht ausschließlich auf Homeoffice und Arbeiten von zu Hause aus. Das hybride Arbeitsplatzmodell schließe in Absprache mit Vorgesetzten auch Arbeitsumgebungen wie Co-Workingbüros ein. Mobiles Arbeiten habe es bei Siemens immer schon gegeben, betont Busch. Jetzt gehe es einen Schritt weiter. „Wir vertrauen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und befähigen sie, ihre Arbeit selbst zu gestalten“, betont der künftige Konzernchef, der jetzt aktuell im Rang eines Vizebosses agiert. Siemens hofft, dass das neue Arbeitsplatzmodell die Motivation fördert, Leistungsfähigkeit des Konzerns steigert und Siemens das Image eines attraktiven Arbeitgebers verleiht. „Die neue Normalität verstärkt unsere Möglichkeiten für Siemens, die besten Talente zu gewinnen und zu halten“, glaubt Siemens-Personalexperte Jochen Wallisch. Das Modell werde regional auf die jeweiligen gesetzlichen Anforderungen und individuellen Präferenzen von Mitarbeitern zugeschnitten. Führungskräfte würden ab sofort entsprechend geschult. Technologisch ist sich Siemens sicher, das Vorhaben als selbst ernannter Vorreiter in Sachen Digitalisierung problemlos stemmen zu können. Schon heute würden täglich gut 800 000 Online-Besprechungen durchgeführt. Auch eine eigene App für mobiles Arbeiten hat der Konzern bereits im Einsatz.

T. MAGENHEIM-HÖRMANN

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